Seit ich den ersten Film der Trilogie »Der Herr der Ringe« im Kino gesehen hatte,
beschäftigte ich mich mit dem Gedanken, ein Kostüm für mich zu entwerfen, das den
Stil des Gewandes widerspiegeln sollte, das Aragorn in den Szenen bei den Elben in
Bruchtal (Rivendell) trägt. Die Idee war dabei nicht, dieses Gewand 1:1 zu kopieren.
Dies wäre auch praktisch unmöglich gewesen, da, wie ich im Laufe meiner Recherchen
herausfand, die alteingesessene Weberei in England, die viele üppige Stoffe für die
Filme produzierte, kurz darauf für immer ihre Tore schließen mußte. Das Fabrikgebäude
in einer Kleinstadt im südlichen England präsentiert sich seitdem als veritabler Lost
Place und dürfte somit eher für Urban Explorer von Interesse sein als für Cosplayer.
Vielmehr sollte das Ergebnis so aussehen, als ob Aragorn und ich den selben Schneider
hätten. Ich spreche daher für gewöhnlich nicht von einem »Aragorn-Gewand«, sondern von
einem Elbengewand. Schließlich wuchs Isildurs Erbe bei den Elben von Bruchtal auf und
dürfte sich deren allgemeiner Mode angepaßt haben, wie man ja auch im Film hinlänglich
erkennen kann. Allerdings stellte sich die Suche nach geeigneten Materialien als quasi
unendliche Geschichte heraus. Als ich etwa 15 Jahre später bei einem auf historische
Stoffe spezialisierten Fachhändler in der Nähe von Frankfurt am Main zufällig auf einen
barocken Samtstoff stieß, der mir für das Obergewand geeignet erschien, erwarb ich ihn
in der vagen Hoffnung, irgendwann doch noch einen Brokat für das Untergewand zu finden,
der dem silbergrauen Stoff aus dem Film hinreichend ähnlich sehen würde.
Schließlich fand ich diesen am Marktstand eines bekannten tschechischen Seidenwebers
auf einer Reenactment-Messe in Minden an der Weser. Nun tat sich mir aber ein wahres
Luxusproblem auf, denn gleich daneben lag ein weiterer, grüner Brokatstoff, der nicht
nur mindestens genauso gut zu dem erworbenen Oberstoff und dem seit langem gewählten
Schnittmuster paßte, sondern auch noch einen wesentlich elbischeren Eindruck machte
als das Original. Nun war guter Rat teuer, denn zwei Gewänder zu nähen erschien mir
dann doch etwas übertrieben! Da für das Kleidungsstück aber auch zwingend ein Futter
vorgesehen war, kam mir schließlich die Idee, es als Wendegewand unter Verwendung von
beiden Brokaten zu konstruieren, so daß jeder Stoff quasi für den jeweils anderen als
Futterstoff dient, je nachdem, welche Seite des Gewandes man gerade nach außen trägt.
Glaubt man den Filmen, so tragen Elben im Allgemeinen keine Kopfbedeckungen. Nun hat
man mir allerdings einerseits schon immer ein »Hutgesicht« nachgesagt. Andererseits
muß man auch bedenken, daß sich im Verlauf einer mehrtägigen Fantasy-Veranstaltung,
draußen und bei Wind selbst sorgfältig gepflegte, lange Haare unweigerlich zu einer
Art Vogelnest verwirren. Und im Gegengesatz zu den Filmschauspielern am Set steht mir
leider nicht rund um die Uhr ein eigener Friseur zur Verfügung. Deshalb habe ich mir
erlaubt, beide Varianten des Elbengewandes um passende Kopfbedeckungen zu ergänzen.
Zur grünen Seite trage ich einen Zinnenhut des 13. Jahrhunderts aus dem Samtstoff des
Obergewandes, den ich nach der Mode einiger Minnesänger mit Pfauenfedern verziert
habe. Für die silberne Variante erwies sich ein Barett aus der Renaissance als ideal,
das mit seiner neckischen, weißen Feder dem Outfit eine individuelle Note verleiht.
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