„Ich bin die Hüterin der Brut. Ich bin die Hüterin der letzten Flamme.“

Sie war alt. Älter als man es erwarten würde, wenn man sie im Sonnenuntergang durch den Wald schreiten sah – im letzten Lichts des Tages, das durch die Baumkronen fiel und im Gesicht der laue Abendwind, der die Äste sanft wiegte.
War sie menschlich?- Wohl kaum, auch wenn es auf den ersten ungenauen Blick so scheinen mochte. Wer genau hinsah erkannte allerdings die spitzen Ohren, die sie in dieser mehr oder weniger humanoiden Form hatte und ebenso den goldenen Ton ihrer Haut, auf der sich in feinen Linien Schuppen abzeichneten.
Das Haupt war gekrönt von Hörnern und Haare in tiefem Schwarz flossen in Locken ihren Rücken hinab. Fest im Arm hielt sie ein goldenes Ei – das Wertvollste, was sie bei sich trug und das sie mit ihrem Leben zu beschützen gelobte.
Ein Eid, den sie mit anderen Auserwählten ihrer Art vor vielen Dekaden abgelegt hatte und seither alles bedeutete. Ob die anderen noch da waren und ihrer Pflicht nachkamen wusste sie nicht. Die Hüter verstreuten sich bald nach dem Ablegen des Eides in alle Himmelsrichtungen und würden sich – so sie noch lebten – erst an einem vorher festgelegten Zeitpunkt wiedersehen und die Eier dem Feuer übergeben, auf dass die Drachlinge schlüpfen und eine neue Dynastie einläuten würden.
Doch dieser Tag war noch weit...

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