Alles begann mit harmlos erscheinenden Kopfschmerzen, wie sie Angestellte in der Altenpflege häufig durch Überlastung haben. Die Schmerzen verschlimmerten sich in den folgenden Tagen und ich steigerte zunehmend die Dosis meiner Schmerzmittel. Zu den immer intensiver werdenden Schmerzen stellten sich Gleichgewichtsstörungen und Schwindel ein. Ich suchte einen Hals-/ Nasen-/ Ohrenarzt auf, der jedoch keinen Befund erheben konnte. Am folgenden Tag gesellten sich eine Sichtfeldeinschränkung und ein stechender Schmerz in den Augen dazu und ich schleppte mich mit letzter Kraft zu meiner Hausärztin. Ich erinnere mich nur noch daran, dass sie mir in die Augen leuchtete.

Ich erwachte in der Rhein-Mosel-Fachklinik zwischen Ärzten und CT-Bildern. Während des kurzen wachen Moments hatte ich Todesängste, weil ich einen Hirntumor vermutete. Was passiert mit mir? Wer kümmert sich um meinen fünfjährigen Sohn? „Keine Ahnung was es ist“ und „…das ist eine tickende Zeitbombe“ waren die letzten Worte, bevor ich die Besinnung verlor. Was in den folgenden Stunden und Tagen passierte, habe ich selbst nur durch Erzählungen erfahren.

„Hey, Sie hatten großes Glück“ waren die Worte, die mich weckten. Um mich herum piepste es, es leuchteten grelle Lichter und es führten zahlreiche Schläuche in meinen Körper hinein und auch heraus. Ich war auf einer Intensivstation. Ein mehrköpfiges OP-Team operierte mich zuvor während einer sechsstündigen OP unter modernster Medizintechnik an einem Hirnaneurysma. Es handelt sich um eine Erkrankung, die jeden dritten Menschen betrifft. Die Aussackung an einer Blutgefäßwand kann angeboren sein, oder sie wird durch starkes Pressen provoziert. Die Komplexität und das Schadensausmaß sind von der Größe und der Lokalisation des betroffenen Gefäßes abhängig. Man kann sagen, je tiefer dieser Schaden liegt, umso mehr gesundes Hirngewebe wird bei einer Operation zerstört. Viele Menschen versterben nach geplatztem Aneurysma oder werden pflegebedürftig, ähnlich wie nach einem Schlaganfall.

Obwohl mein Aneurysma eine ungünstige Lage hatte, überlebte ich das Ereignis und kämpfte mich in mein Leben zurück, ohne große Folgeschäden zu beklagen. Seit der Erkrankung ist Angst mein ständiger Begleiter. Aus Angst entwickeln sich sehr häufig Depressionen. Die Folgen sind häufig Kopfschmerzen und Anspannungsgefühle, die meine Angst vor einem Rezidiv verstärken. Ein Kreislauf, mit dem ich lernen musste zu leben.

Von Beginn an war das Wort „Mama“ aus dem Mund meines Sohnes der wichtigste Impuls für meine Genesung. Heute lebe ich mit meinem Freund, meinem Sohn und unserem zehnjährigen Hund glücklich im Stadtzentrum von Andernach und arbeite wieder in der Altenpflege.

Während der kurzen wachen Momente unmittelbar vor der OP hatte ich große Befürchtungen, ich könnte eine andere Persönlichkeit entwickeln. Dies ist auch geschehen, jedoch auf eine wunderbare Art. Ich halte heute oft inne und genieße die Schönheit und die Vielfalt der Natur. Ich genieße das Leben trotz aller Begleiterscheinungen mehr als vor dem Ereignis. Durch die nahezu physisch schadlose Bewältigung meiner Erkrankung und die neue Lebensqualität, wurde ich zwei Mal mit Glück gesegnet.

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