brennpunkt Magazin

by Dietmar Bührer · 14 Photos

20 Jahre »brennpunkt« Magazin Im »brennpunkt« einer Linse treffen sich die gebündelten Lichtstrahlen – übertragen trifft dies auch auf das Konzept von Bührers Magazin zu: Es bündelt die vielfältigen Bilder Berlins, aus verschiedenen Perspektiven, Ausgabe für Ausgabe. Die Blickfelder der Menschen vor und hinter der Kamera sind ein unerschöpfliches Thema. Das Magazin mag unspektakulär erscheinen, aber tatsächlich bildet der Stapel von 80 Ausgaben (25 Tonnen Papier!) auch ein Stück Zeitgeschichte. Schon lange vor dem Fall der Mauer veröffentlichte »brennpunkt« Bilder von Ost-Berliner Fotografen, wie Harald Hauswald, die Bührer damals über die Grenzen schmuggelte. Die eher unästhetischen Szenen aus dem Strandbad Wannsee, die Dr. Dieter Matthes 1992 in seiner Fotoreportage »Pack die Badehose ein« boshaft festhielt (auch als Buch erschienen), haben wahrhaft zeitlosen Unterhaltungswert. Anrührend und einfühlsam dagegen die Fotoreportage, die Bernd Riehm im Jahr 1985 über den Penner Edwin machte, eine Arbeit zur Aufnahmeprüfung für die HdK. Der kanadische Fotograf François Brunelle (brennpunkt 3/04), der vor kurzem in Paris verweilte, rief bei der großen französischen Fotozeitschrift »PHOTO« an, um sein Portfolio »Doppelgänger« vorzustellen. Als er merkte, dass der Redakteur zögerte, erwähnte der Fotograf, dass seine Serie demnächst im Berliner Magazin »brennpunkt« erscheinen wird. Er bekam umgehend einen Vorstellungstermin. Für sein Magazin nutzte Bührer die vielfältigen Kontakte zu Fotografen und Galerien. Mit dem Magazin wird ein Sammelbecken für fotografische Aktivitäten in dieser Stadt geschaffen, Begabungen gefördert, auf Ausstellungen hingewiesen. Für viele Fotografen ein Sprungbrett zu Galerien. »brennpunkt«, noch immer in Schwarzweiß, unkommerziell und mit einer Auflage von 2000 Exemplaren, erscheint vierteljährlich. Über 600 Abonnenten, wie beispielsweise das Museum of Modern Art in New York oder große Fotogalerien in Tokio, Moskau oder Helsinki, beziehen das Magazin. Viele der Leser sind von Anfang an als Abonnenten dabei. Das ehrt. Gisele Freund und Helmut Newton haben sich lobend über dieses Magazin geäußert. Helmut Newton: »Schön, dass es so ein Magazin in meiner Geburtsstadt gibt.« Der Stolz in Bührers Stimme, wenn er von dieser Anerkennung erzählt, ist berechtigt. »brennpunkt« wurde 1995 bei einem Wettbewerb als bestes deutschsprachiges, kleinverlegerisches Magazin mit dem ersten Platz ausgezeichnet. Denn immerhin stellt der gelernte Buchdrucker das Magazin in seiner Freizeit her, als Ein-Mann-Unternehmen – allerdings mit Hilfestellung von dem ebenso fotobegeisterten Konditormeister Klaus Rabien und anderen ehrenamtlichen Mitarbeitern. Alle sind mit dem Herzen dabei, mit Idealismus und Freude am Medium Fotografie. Und es gab viele Momente zum Schmunzeln. So bestellte eine österreichische Buchhandung ein halbes Dutzend »brennpunkte« als Abonnement. Die Freude, neue Leser gefunden zu haben, währte nicht lange. Nach wenigen Tagen kam die Sendung nach Berlin zurück, mit der Entschuldigung, die Buchhandlung dachte, bei »brennpunkt« handelte es sich um eine Feuerwehrzeitschrift. »brennpunkt« zeigt nicht nur einen Teil von Berlin, er ist selbst typisch für die Stadt, denn es ist zu den Kleinodien zu rechnen, die die Großstadt im Hinterzimmer produziert und die in der Masse kaum auffallen. Und doch ... ist das Magazin nicht aus der Stadt wegzudenken. Nebenbei organisiert Bührer Ausstellungen, produziert Fotobände und Reportagen, meistens mit sozialkritischem Charakter. Geschichten über lebenslang Verurteilte, über vierzehnjährige Mütter, über Zirkuskinder oder Menschen in der U-Bahn. Seit einigen Jahren widmet sich Bührer auch der Literatur. www.edition-dibue.de


Photos 14