Modelverträge sind nach Urteil OGH wertlos 36

[gone] freistill
13.03.2014
Liebe Kollegen!
Seit Jahren benutze ich in meinen Modelverträgen diesen u.a. Passus:

§ 4 Nutzung der Fotografien / des Aufnahmematerials
: Das Model ist darüber informiert worden, dass für eine Veröffentlichung sowie den Vertrieb der angefertigten Fotoaufnahmen eine so genannte Übertragung der Rechte am Bild erforderlich ist und erklärt sich hiermit unwiderruflich mit einer uneingeschränkten, zeitlich und örtlich unbegrenzten Veröffentlichung sowie den Vertrieb der angefertigten Fotoaufnahmen, auch für Werbezwecke jeder Art, Datenträger und sonstige Speichermedien, einverstanden. Der Fotograf ist alleiniger Urheber. Falle von Veröffentlichungen stellt das Model keine weiteren Ansprüche, auch nicht gegen Dritte.Beide Vertragsparteien sind berechtigt, die produzierten Fotos ohne zeitliche, örtliche und inhaltliche Einschränkung in veränderter und unveränderter Form auf jeder Art von Speichermedien sowie als Print aufzubewahren.

Die Rechtssprechung jedoch sagt:

Zwar kann der Abgebildete grundsätzlich wirksam in Fotoaufnahmen und Fotoveröffentlichung einwilligen, doch ist eine solche Einwilligungserklärung nach höchstrichterlicher  Rechtssprechung widerruflich, weil durch die Gestattung einer wiederholten Veröffentlichung für alle Zukunft das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten einer dauernden Verwendung zugeführt würde, deren Auswirkungen auf die Interessen des Abgebildeten nicht vorhersehbar sind (siehe OGH 24.2.1970, 4 Ob 306/70 – Zigeunerprimas – SZ 43/45).

Ergo dessen sind alle Modelverträge die irgend eine uneingeschrängte zeitliche Nutzung vorsehen unswirksam.
An und für sich sind alle Fotomodelverträge mit der Recht auf Widerruf unwirksam, da der Fotograf immer damit rechnen muß, dass ein Model einen Wiederruf  nach Jahren macht.

Somit ist jede schriftliche Vereinbarung mit Veröffentlichungsrechten mit einem Fotomodel aus meiner Sicht absolut sinnlos und wenn mans doch tut höchst risikoreich.

Was sagt ihr dazu?

LG, Jürgen
13.03.2014
Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen davon nicht berührt. Die Parteien verpflichten sich, anstelle der unwirksamen Bestimmung eine dieser Bestimmung möglichst nahekommende wirksame Regelung zu treffen.


Stichwort: "Salvatorische Klausel"

Somit ist der Release-Vertrag als solches, bzw. als Gesamtkonstrukt nicht hinfällig. Mehr dazu sicherlich auch beim Rechtsverdreher des Vertrauens.
[gone] Uwe Richter Photography
13.03.2014
Die Textausschnitte sind mir hier viel zu sehr gekürzt und zu global.

Gerade in der deutschen Rechtsprechung bezieht sich sehr häufig ein Urteil auf den Einzelfall!
Der kann hier so nicht nachvollzogen werden und somit müssten Kommentare zu deinem Eintrag
auch mehr als spekulativ sein.

Wichtig wäre also zumindest .... Warum gab es einen Prozess? Wer hat geklagt? Was sollte mit der Klage erreicht werden?
etc.
Und natürlich die volständige Urteilsbegründung der Richter.

Somit ist auch dein Fazit

"Somit ist jede schriftliche Vereinbarung mit Veröffentlichungsrechten mit einem Fotomodel aus meiner Sicht absolut sinnlos und wenn mans doch tut höchst risikoreich."

wahrscheinlich zu global.

LG
Uwe
13.03.2014
Das ist nichts Neues.
Ein Fachanwalt für Medienrecht kann dir das erklären.
[gone] User_165787
13.03.2014
KunstUrhG §22: Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt.


Ich vermute, dass du deine Modelle entlohnt hast, wenn du die "Werbezwecke jeder Art" in den Vertrag einschließt.

Ansonsten, das OGH sitzt in Österreich, was juckt dich das?
Das ist nichts Neues.
Ein Fachanwalt für Medienrecht kann dir das erklären.

Das ist in der Tat nichts Neues:
OGH 24.2.1970, 4 Ob 306/70 – Zigeunerprimas – SZ 43/45

Das Urteil ist älter als ich :D
Unwiderruflichkeit im Zusammenhang mit Persönlichkeitsrechten wird eben nicht gerne gesehen. Der Anwalt Deines Vertrauens klärt Dich da gerne auf.
13.03.2014
Was ist das OGH? Was ist das für ein Datum?

Davon ab, warum wird eigentlich immer so viel in die Verträge geschrieben, sind doch alles Fußangeln.
Ich erhalte vom Model das Recht, unsere gemeinsam geschaffenen Werke  zu veröffentlichen, aus fertig ist die Kuh...
Für evtl. Widerrüfe oder dergl. gelten dann die gesetzlichen Regelungen und die sind für mich gut genug...
Ganz genau: Fußangeln. Deshalb mache ich nur bei Gefahr für Leib und Leben Verträge :)
Fußangelig können übrigends gerne auch salvatorische Klauseln werden: wenn sich nämlich dummerweise der Passus, der gut für einen selbst ist, als unwirksam herausstellt, durch besagte Klausel der Vertrag aber im übrigen wirksam bleibt. Dann hat man nämlich auf einmal nur noch Nachteile.
Solche Klauseln sollte man sich also sehr gut überlegen und nicht einfach von irgendwo rüberkopieren.
13.03.2014
Salvatorische Klauseln sind in (beinahe) jedem Vertrag Standard ... egal ob Miet,- Werk,- Ausführungs,- oder Kaufvertrag. Von daher ist ein "rüberkopieren" nichts verwerfliches, sondern Alltagserfahrung ... Rechtsbeistand und Rechtsberatung gibt's wo anders.
Eben 'beinahe'....
Die Standardverträge sind in der Regel von Leuten entworfen, die wissen, was sie tun. Bei selbstzusammengebastelten Verträgen sollte man sich das überlegen. Stell Dir vor, in Deinem Vertrag steht: 'Der Fotograf zahlt 200 Euro an das Model und darf dafür die Bilder veröffentlichen.' Jetzt hast Du die Angelegenheit aber so ungeschickt formuliert, dass der Teil 'und darf dafür dei Bilder veröffentlichen' unwirksam wird. Normalerweise wäre der Vertrag nun im Ganzen hinfällig (also auch der Teil mit den 200 Euro). Wenn da nun aber eine salvatorische Klausel drin ist, die in solch einem Fall den Restvertrag am Leben hält, zahlst Du 200 Euro für nüschts. Aber das kann man natürlich machen, wenn einem der Sinn danach steht.
Mal abgesehen von den salvatorischen Klauseln.
Das Recht am Bild ist ein Persönlichkeitsrecht. Dieses ist in Deutschland durch das Grundgesetz geschützt. Man kann mit Verträgen aber das Grundgesetz nicht aushebeln. Das ist zum Beispiel auch bei Bondagebildern rein rechtlich eine heikle Sache, da es sich dabei grundsätzlich um Freiheitsberaubung handelt etc.
Nun zu dem Widerruf der Zustimmung: Ja, das Modell kann jederzeit von dieser Zustimmung zurücktreten. Aber, Du hast als Fotograf in einem solchen Fall Anrecht auf eine "angemessene" Entschädigung. Denn ihr hattet eine rechtlich wirksame Vereinbarung sowohl über die Erstellung als auch über die Verwertung der Aufnahmen. Wenn das Modell also auf der Basis Ihres Persönlichkeitsrechts die Zustimmung entzieht, ist sie auf der Basis Eurer Vereinbarung Dir gegenüber schadenersatzpflichtig. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Du auch ohne kommerzielle Nutzung Deine Aufwendungen (Zeit, Fahrkosten etc.) in Rechnung stellen könntest. Aber Achtung: Wenn Sie Dich auffordert die Bilder aus dem Netz zu nehmen, und Du sagst, erst wenn Du zahlst. Dann wird das Persönlichkeitsrecht höher bewertet als Dein Verwertungsrecht!
Und dann geht das juristische Spiel los, wenn man das wünscht. Was ist angemessen und welche Kostensätze können angewendet werden, wenn man sich als TfP-Hobby-Knipser übers Ohr gehauen fühlt....

Weshalb aber die Verträge dennoch absolut wichtig sind: Ihr habt beide einen Beleg dafür, dass zumindest zum Zeitpunkt des Shootings ein beiderseitiges Einverständnis vorlag. Dh. Dir kann kein Vorwurf der Verletztung irgendwelcher Persönlichkeitsrechte bis zum Zeitpunkt des Wiederrufs gemacht werden. Und damit auch keine kostspieligen Abmahnungen.
13.03.2014
http://de.wikipedia.org/wiki/Salvatorische_Klausel

Die Salvatorische Klausel, nicht übel in Wiki erklärt, macht Bereiche von Verträgen
im Sinne der geregelten, immer noch gültigen Teilen, wieder gültig.
Was aber dieser ideele Nachvollzug schliesslich ist, entscheidet in der Regel
im Streitfall ein Richter.
Wolt ihr wegen ein paar Bildchen wirklich zum Richter rennen?

Schreibt die Verträge nicht so gesalbt. Im Grundsatz reicht:
Wir, X und Y machen Bildchen am um im Arbeitsbereich.  
Beide Parteien bezahlen die jeweiligen Auslagen selbst.
Dazu bekommt das Model vom Fotografen eine Anzahl Bilder.
Beide Seiten dürfen diese Bildchen verwenden für:
A
B
C
Nicht verwenden für facebook.
Der Vertrag ist zeilich nicht befristet.

Ort Datum
 
[gone] User_202009
13.03.2014
"Somit ist jede schriftliche Vereinbarung mit Veröffentlichungsrechten mit einem Fotomodel aus meiner Sicht absolut sinnlos und wenn mans doch tut höchst risikoreich."

Verstehe ich nicht. Das Model hat u.U. das Recht, den Vertrag zu wiederrufen, wenn sich längerfristig Lebensumstände geändert haben. Ok, wenn ich z.B.1970 Aktaufnahmen von einer Studentin gemacht hätte und ich jetzt diese Aufnahmen erneut veröffentliche, könnte das Model, inzwischen Omi und in einer Managerposition, ihre Erlaubnis widerrufen.

Das wäre ärgerlich. Aber deswegen sollen alle Verträge sinnlos sein? Es geht doch nur um „wiederholte Veröffentlichungen“ und „dauernde Verwendung. Das Model kann vielleicht weitere Veröffentlichungen untersagen, aber was vor dem Widerruf veröffentlicht wurde, ist veröffentlicht. Und wenn meine Bilder inzwischen im Museum hängen, dann hängen sie da.Wenn es überhaupt keinen Vertrag gäbe, dürfte ich gar nicht veröffentlichen und das Model könnte mich vom Gericht zwingen lassen, alle veröffentlichen Bilder wieder einzusammeln und ihr Schadensersatz zu zahlen.
13.03.2014
Also am allermeisten kotzt mich die Überschrift dieses Threads an.
Noch unter BILD-Zeitungs Niveau. Falsch, polemisch und hetzerisch.
Entspricht in etwa der Headline:
"Vom Gericht als schuldig Verurteilte, verlassen frei den Saal"

Zähle mir doch einfach malzwei oder drei vollendete und
bereits vermarktete Lichtwerke (Filme) auf, die infolge von
Persönlichkeitsrechten der bezahlten Darsteller zurückgezogen
werden mussten.

PS: Gültigkeit von langfristigen, unbegrenzten Verträge ?
Da fällt mir die Floskel der kirchlichen Trauung ein:
„bis dass der Tod euch scheidet“
#15
13.03.2014
Ich sage jetzt mal bewusst ganz unjuristisch - aber mit hoffentlich erkennbaren gesundem Menschenverstand: Solche Interpretationen von Urteilen sind Unfug!

Ich greife mal nur einen Punkt heraus: Stellt Euch einmal vor, dass ein Fotograf seine schönsten Aufnahmen in einem Buch zusammenstellt und dieses von einem Verlag sehr erfolgreich veröffentlicht wird.

Wenn nun eines der abgebildeten Fotomodelle widerruft, was soll dann geschehen? Ein Widerruf kann ja nur zukünftige Veröffentlichungen betreffen. Man sagt ja "das Internet vergisst nie", man vergisst aber offenbar, dass auch die Zeiten der Bücherverbrennung in den meisten Ländern vorbei ist.  Die erfolgreiche Managerin, die vor 20 Jahren Aktfotos gemacht hat, wird also trotz Widerruf damit rechnen müssen, dass das Fotobuch mit den Fotos darin noch im Umlauf ist - ja vielleicht sogar noch verkauft wird. Der Widerruf nützt im Zweifelsfall also nicht viel.

Und natürlich ist es sinnvoll, Verträge zu machen - genau weil die Jahre ins Land gehen und die Erinnerung an das gesprochnene Wort verblasst. Es sollten aber nicht so verschrobene Formulierungen wie im Eingangsbeitrag sein.
13.03.2014
Ein österreichisches Urteil von 1970 kann deutschen Fotografen und Models herzlich egal sein.
13.03.2014
§ 4 Nutzung der Fotografien / des Aufnahmematerials: Das Model ist darüber informiert worden, dass für eine Veröffentlichung sowie den Vertrieb der angefertigten Fotoaufnahmen eine so genannte Übertragung der Rechte am Bild erforderlich ist und erklärt sich hiermit unwiderruflich mit einer uneingeschränkten, zeitlich und örtlich unbegrenzten Veröffentlichung sowie den Vertrieb der angefertigten Fotoaufnahmen, auch für Werbezwecke jeder Art, Datenträger und sonstige Speichermedien, einverstanden

Das wird in Deutschland an §314 BGB scheitern - unkündbare Dauerschuldverhältnisse sind unwirksam. Ein zeitlich nicht begrenztes Modelrelease kann immer "aus wichtigem Grund" gekündigt werden. Die Kündigung gilt natürlich nicht rückwirkend, aber sie beendet das "unwiderruflich" und "zeitlich unbegrenzt".
13.03.2014
Dieser Fall ist zwar nicht aus Deutschland,
aber die Fakten umso deutlicher

Grundsätzlich kann man also davon ausgehen, dass Fotoverträge stand halten.
(Ob das nun auch in 50 jahren Bestand hat, wenn wir ein deutscher Autonomiebezirk
der chinesischen Volksrepublik sind, ist doch eine ganz anderee Frage)
;-)
13.03.2014
Ein österreichisches Urteil von 1970 kann deutschen Fotografen und Models herzlich egal sein.

So ist es und mehr muß an dieser Stelle eigentlich gar nicht gesagt werden.

Topic has been closed