Rechtliche Voraussetzungen für ausländische Models, um in Deutschland zu modeln 7

27.02.2011
Im Zuge der Recherchen für den in Kürze erscheinenden "The Fetish Model's and Photographer's Travel Guide to Europe" habe ich eine Reihe von höchst interessanten rechtlichen und formalen Regelungen erkundet, die für ausländische Fotomodelle gelten, die in Deutschland ein Pay-Shooting machen (wollen).
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Teil 2: Erforderliche Visa und Erlaubnisse für ausländische Models in Deutschland


Fotomodelle (und Mannequins) sind im deutschen Arbeits-, Sozial-, Gewerbe- und Ausländerrecht eine Art "Hybrid-Form".

Einerseits gelten Fotomodelle in Deutschland als Gewerbetreibende, also als Selbständige, die ein Gewerbe ausüben (und damit keine Freiberufler sind!).

Andererseits unterlag und unterliegt die Tätigkeit von Fotomodellen in Deutschland in gewissen Umfang der Kontrolle der Bundesagentur für Arbeit, die nur für den Bereich der nicht-selbständig Beschäftigten zuständige ist.

Dies hat "historische" Gründe. Bis 2002 besaßen die Arbeitsämter (heute: Bundesagentur für Arbeit) das alleinige Monopol, in Deutschland Fotomodelle vermitteln zu dürfen. (Die Tätigkeit wurde über die "Künstlerdienste" der Arbeitsämter abgewickelt, obwohl Fotomodelle auch damals eindeutig schon immer als Gewerbetreibende galten.) Nach 2003 durften dann private Vermittler mit einer Lizenz der Bundesagentur für Arbeit als "Modelagenturen" tätig werden. Mittlerweile braucht es für diese Tätigkeit als Modelagentur keine Lizenz mehr. Allerdings unterliegt die Vermittlung von Fotomodellen immer noch den Vorschriften der sogenannten "Vermittler-Vergütungs-Verordnung", deshalb dürfen Modelagenturen in Deutschland bis heute maximal 18 Prozent des Model-Honorars als Provision kassieren (ggf. zuzüglich der Umsatzsteuer). Höhere Provisionen sind unzulässig, Vereinbarungen darüber nichtig. Auch in Hinblick auf §297 SGB III gilt die Vermittlung von Fotomodellen bis heute als "Arbeitsvermittlung" im Sinne des SGB, daher sind Vereinbarungen zwischen einer Modelagentur und einem Model, die eine "exklusive Vertretung" nur durch eine Agentur festlegen, unzulässig und unwirksam.

Diesen Hintergrund zu kennen ist hilfreich, wenn man die gesetzlichen Vorschriften und Verordnungen verstehen will, die die Tätigkeit von ausländischen Fotomodellen in Deutschland regeln. (Hinweis: alles im Folgenden gesagte bezieht sich auf Fotomodelle, die gegen Bezahlung in Deutschland tätig werden.)


A. Personengruppen:

Deutsche: wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, darf ohne Einschränkungen in Deutschland arbeiten, sowohl angestellt als auch selbständig. Wo der Deutsche seinen Wohnsitz hat, ist dabei unerheblich. (Das kann höchstens für die Steuerpflicht eine Rolle spielen.)

EU-Bürger: wer die Staatsangehörigkeit eines der übrigen 26 EU-Staaten besitzt, darf innerhalb der EU überall einer angestellten oder selbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen. (Achtung: Wer sich zu diesem Zweck dauerhaft in einem anderen EU-Staat niederlässt, braucht dafür aber die üblichen ausländerrechtlichen Genehmigungen. Diese müssen nur eben an EU/EWR-Bürger automatisch erteilt werden.)

Für einige der "neuen" EU-Staaten (Rumänien, Bulgarien, Polen u.a.) gelten für bestimmte Tätigkeiten in einigen EU-Staaten noch Übergangsfristen, in Deutschland laufen die letzten davon am 1.Mai 2011 aus. (Sie waren aber für Fotomodelle ohnehin nicht relevant.)

EWR-Bürger: die EU bildet gemeinsam mit der Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein den "Europäischen Wirtschaftsraum" (EWR). Für Staatsangehörige aus Nicht-EU-zugehörigen EWR-Staaten gilt weitgehendst dieselbe Freizügigkeit in der EU wie für EU-Bürger - und umgekehrt.

Ausländische Staatsbürger aus Nicht-EU/EWR-Staaten, die in Deutschland eine "Niederlassungserlaubnis" oder eine "Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG" besitzen, sind hinsichtlich der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Deutschen gleichgestellt.

Nicht-EU/EWR-Staatsangehörige: wer weder die Staatsangehörigkeit eines EU- noch eines anderen EWR-Staates besitzt, braucht für jede Art der Erwerbstätigkeit in Deutschland eine Erlaubnis.

(Hinweis: man lasse sich nicht dadurch täuschen, daß Staatsbürger verschiedener nichteuropäischer Staaten ohne Visum nach Deutschland und in die anderen Schengen-Staaten einreisen dürfen. Dies gilt nur für Reisen zu Besuchszwecken, nicht für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit hierzulande.)

B. Models - wer braucht was?

Models, die die Staatsangehörigkeit eines der 27 EU-Staaten oder eines der anderen EWR-Staaten besitzen, brauchen weder Visum noch Arbeitserlaubnis, um innerhalb der EU/EWR-Staaten für Geld zu modeln. Wenn sie sich dauerhaft in einem anderen EU/EWR-Staat niederlassen, brauchen sie keine Arbeitserlaubnis, sondern eine "Freizügigkeitsbescheinigung über das gemeinschaftliche Aufenthaltsrecht". Wenn sie nur vorübergehend, ohne sich niederzulassen, in einem anderen EU/EWR-Staat tätig werden, brauchen sie gar keine Erlaubnis oder Bescheinigung.

Diese Staaten sind: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Island, Italien, Lettland, Litauen, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Bulgarien, Schweden, Schweiz, Slowenien, Slowakei, Spanien, Tschechien, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, Zypern.

Models mit allen anderen Staatsangehörigkeiten benötigen, um legal in Deutschland als Fotomodell gegen Honorar arbeiten zu dürfen, ein Visum.

Für die Staaten des Schengener-Abkommens ist dies das gemeinsame "Schengenvisum", das für alle oben aufgezählten Staaten mit Ausnahme von Irland und dem Vereinigten Königreich gilt. Je nach Land, in dem die Tätigkeit als Model ausgeübt werden soll, können noch weitere Genehmigungen hinzu kommen.

(Lästig-bürokratisch: ein Model mit US-Staatsangehörigkeit z.B., das auf einer Europa-Reise in Großbritannien und in Deutschland für Geld modeln möchte, braucht sowohl ein Schengen-Visum - für Deutschland - als auch die entsprechende Erlaubnis für Großbritannien.)

In Deutschland sind keine weiteren Genehmigungen erforderlich, falls ein solches ausländisches Model nicht mehr als maximal 3 Monate innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten in Deutschland oder den anderen Schengen-Staaten als Model tätig ist. (§7 Abs.5 BeschV)

Visa für einen Aufenthalt zwecks Erwerbstätigkeit sind grundsätzlich vor der Einreise bei einer deutschen Vertretung (bzw. der Vertretung eines anderen Schengen-Staates) zu beantragen und einzuholen.

Eine Ausnahmereglung gilt hier für Staatsangehörige folgender Staaten: Australien, Israel, Japan, Kanada, Neuseeland, Republik Korea und Vereinigten Staaten von Amerika.

Staantsangehörige dieser Staaten können einen "Aufenthaltstitel" (z.B. Arbeitserlaubnis) auch in Deutschland einholen, wenn sie zuvor legal als Besucher ohne Visum eingereist sind.

Auch sie dürfen aber nicht ohne der nötige Erlaubnis in Deutschland gegen Honorar als Fotomodell tätig werden.

C. Meldepflicht

Jeder Auftraggeber (Fotograf, etc.pp.), der in Deutschland ein Model ohne deutsche Staatsangehörigkeit für Honorar als Model beschäftigt (also auch Models mit anderer EU-Staatsangehörigkeit), muß dieses Model vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Bundesagentur für Arbeit anmelden. Dasselbe gilt für einen Vermittler (Modelagentur), der ein Model ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland vermittelt. Das Meldeformular gibt's bei der Bundesagentur für Arbeit http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Vordrucke/A04-Vermittlung/Publikation/V-IA-Anzeige-Beschaeftigung.pdf" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">online.

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Alle Angaben: Stand Februar 2011. Alle Angaben ohne Gewähr.

"The Fetish Model's and Photographer's Travel Guide to Europe" wird in Kürze eine (englischssprachige) Übersicht über die gesetzlichen Vorschriften alle EU/EWR-Staaten für die Tätigkeit von ausländischen Models und selbständigen Fotografen veröffentlichen. Ich werde das Ding beizeiten im MK-Forum verlinken.
[gone] Jürgen Westerhoff
27.02.2011
Interessante und lesenswerte Lektüre.

Vielen Dank für die Arbeit diese Informationen zur Verfügung zu stellen.

VG Jürgen
27.02.2011
Original von TomRohwer
C. Meldepflicht

Jeder Auftraggeber (Fotograf, etc.pp.), der in Deutschland ein Model ohne deutsche Staatsangehörigkeit für Honorar als Model beschäftigt (also auch Models mit anderer EU-Staatsangehörigkeit), muß dieses Model vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Bundesagentur für Arbeit anmelden. Dasselbe gilt für einen Vermittler (Modelagentur), der ein Model ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland vermittelt. Das Meldeformular gibt's bei der Bundesagentur für Arbeit http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Vordrucke/A04-Vermittlung/Publikation/V-IA-Anzeige-Beschaeftigung.pdf" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">online.


was alle Sharing und Workshop Veranstalter sicherlich tun *hüstel*

:-)
27.02.2011
Original von anTon
[quote]Original von TomRohwer
C. Meldepflicht

Jeder Auftraggeber (Fotograf, etc.pp.), der in Deutschland ein Model ohne deutsche Staatsangehörigkeit für Honorar als Model beschäftigt (also auch Models mit anderer EU-Staatsangehörigkeit), muß dieses Model vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Bundesagentur für Arbeit anmelden. Dasselbe gilt für einen Vermittler (Modelagentur), der ein Model ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland vermittelt. Das Meldeformular gibt's bei der Bundesagentur für Arbeit http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Vordrucke/A04-Vermittlung/Publikation/V-IA-Anzeige-Beschaeftigung.pdf" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">online.


was alle Sharing und Workshop Veranstalter sicherlich tun *hüstel*

:-)[/quote]

Diese lassen zu diesem Zweck sicherlich regelmässig Models aus den USA einfliegen...

;-)
27.02.2011
Image Worx : lies halt was Tom geschrieben hat, es geht auch um EU Ausländerinnen.

anTon
27.02.2011
Original von anTon
[quote]Original von TomRohwer
C. Meldepflicht

Jeder Auftraggeber (Fotograf, etc.pp.), der in Deutschland ein Model ohne deutsche Staatsangehörigkeit für Honorar als Model beschäftigt (also auch Models mit anderer EU-Staatsangehörigkeit), muß dieses Model vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Bundesagentur für Arbeit anmelden. Dasselbe gilt für einen Vermittler (Modelagentur), der ein Model ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland vermittelt. Das Meldeformular gibt's bei der Bundesagentur für Arbeit http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Vordrucke/A04-Vermittlung/Publikation/V-IA-Anzeige-Beschaeftigung.pdf" target="_blank" rel="noopener noreferrer nofollow">online.


was alle Sharing und Workshop Veranstalter sicherlich tun *hüstel*
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Ich selbst bin über die Anmeldepflicht und das Formular zum ersten Mal vor einem knappen halben Jahr gestolpert. Ich bin sicher, daß diese Anmeldepflicht genauso wie die Quellensteuerpflicht sicherlich Profis in professionellen Modelagenturen bekannt ist, und Bookern von Werbeagenturen usw. - aber sonst kaum jemandem.

Ich bin auch absolut sicher, daß viele hunderte oder tausende Models jedes Jahr illegal in der EU oder in den USA Pay-Jobs übernehmen, obwohl sie offiziell als "Touristen" eingereist sind.

Für Fotografen gilt genau dasselbe - wer z.B. als deutscher Fotograf in die USA reist und dort Fotos macht, die er anschließend bei Fotolia anbietet, der braucht für die Einreise in die USA ein Journalisten-Visum. Hat er das nicht, verstößt er gegen die US-Einreise-Bestimmungen und könnte in den USA sogar mit einer Haftstrafe belegt werden. Umgekehrt gilt dasselbe - Fotografen aus Nicht-EU-Staaten sind zweifellos auch in der EU als Fotografen tätig, ohne die nötigen ausländerrechtlichen Erlaubnisse zu haben.

Und daß Amateur-, Semi-Profi- oder auch die meisten Profi-Fotografen, die direkt über die MK, über MM oder wie auch immer ein Model aus Österreich oder Tschechien oder woher auch immer anheuern, von der Quellensteuerpflicht wissen, bezweifle ich ebenfalls stark.

Daß es die Quellensteuer für Künstler gibt, ist mir z.B. bekannt, seid ich vor Jahren mal Berichte über den Streit darüber gelesen habe. Als ich nun dieses Themengebiet recherchierte, fragte ich mich mehr pro forma "Gibt's sowas eigentlich auch für Models? Die ja keine Künstler sind..."

Und stellte überrascht fest: Jau - gibbet.

Es ist allerdings zweifellos keine neue Erkenntnis, daß gerade auf den Gebieten Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht und Ausländerrecht von vielen Leuten jeden Tag viele Verstöße begangen werden, die aus schlichter Unwissenheit resultieren.

(Die allerdings schützt weder vor Strafe noch vor anderem Ärger...)
27.02.2011
Original von anTon
Image Worx : lies halt was Tom geschrieben hat, es geht auch um EU Ausländerinnen.

Ja. Um alle, die keinen deutschen Paß haben.

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