Sanssouci darf kostenlos fotografiert werden 51

18.02.2010
Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg darf laut einem Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts keine Gebühren für kommerziell genutzte Fotos ihrer Parkanlagen und Gebäude erheben.

Es gebe kein Vorrecht des Eigentümers, das Bild seines Eigentums zu verwerten, entschied das Gericht am Donnerstag in Brandenburg/Havel.

Es wies damit drei Klagen der Stiftung gegen einen Fotografen und zwei Fotoagenturen zurück, denen das Landgericht Potsdam zuvor stattgegeben hatte.
18.02.2010
Eine sehr interessante Entscheidung, aber leider ist dieses Urteil

NOCH NICHT RECHTSKRÄFTIG.

Das heißt, dass sich zur Zeit noch niemand auf dieses Urteil verlassen kann, denn die Stiftung kann noch Revision beim Bundesgerichtshof einlegen.

Wenn die dann die Revision gewinnen sollten, ist es so, als ob es diesen Rechtsstreit nie gegeben hätte und dass die Stiftung von allen, die zwischenzeitlich Veröffentlichungen getätigt haben, diese sog. Knipsgebühren verlangen können. Als gebührenpflichtige Veröffentlichung werden übrigens auch Bilder in der MK eingestuft.

Ich rate also zur Vorsicht, bis das Urteile rechtskräftig oder der Rechtsstreit entschieden ist.


Klaus
18.02.2010
hm .... wenn das rechtskräftig würde (was ich bezweifle) dann würde der bayerischen Schlösser und Seen Verwaltung einiges entgehen.

anTon
18.02.2010
wen das Urteil interssiert: hier die Aktenzeichen:
5 U 12/09 5 U 3/09 und 5 U 14/09
interessant ist die Argumentation der Richter :
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung ausgeführt, es gebe kein Vorrecht des Eigentümers, das Bild seines Eigentums zu verwerten. Vielmehr habe der Fotograf oder der Filmemacher das Recht, den wirtschaftlichen Nutzen aus seinen Fotos und Filmen zu ziehen. Anderenfalls wäre risikofreies Fotografieren und Filmen nur noch in den eigenen vier Wänden und auf hoher See möglich. Wer nicht wolle, dass sein Eigentum fotografiert werde, könne den Zugang dazu verbieten und Vorkehrungen dagegen treffen, dass es gesehen werde. Diese Möglichkeit habe allerdings nur ein Privateigentümer, nicht dagegen die Stiftung. Ihr sei das Eigentum an den Parkanlagen und Schlössern von den Ländern Berlin und Brandenburg deswegen übertragen worden, damit sie gepflegt, bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Das Oberlandesgericht hat außerdem entschieden, dass die Besucher der Parkanlagen auch nicht aufgrund der Parkordnung vertraglich verpflichtet seien, gewerbliche Aufnahmen zu unterlassen. Da keine Einlasskontrollen stattfinden und die Anlagen tagsüber ohne jede Einschränkung betreten werden können, müssten Besucher den Eindruck haben, der Zutritt sei unbeschränkt gestattet, solange sich der Parkbesucher ordentlich beträgt und die Anlagen nicht schädigt.
Diesem neuen "Sanssouci-Urteil" steht allerdings das "Schloss Tegel Urteil" Urteil
des Bundesgerichtshof im Weg.

Dort wurden dem Hauseigentümer Abwehrrechte hinsichtlich der gewerblichen Verwertung von Fotografien zugebilligt, die nur von dem Hausgrundstück aus aufgenommen werden konnten (Urt. v. 20. 9. 1974 - I ZR 99/73, GRUR 1975, 500)
Link:
http://www.telemedicus.info/urteile/tag/Tegel

Oder könnte man, wenn das Urteil bestätigt wird, das so sehen:
Das Sanssoucis Urteil gilt für Immobilien in öffentlicher Hand.
Das althergebrachte Schloss Tegel Urteil gilt für Immobilien in Privatbesitz.

Beide Urteile für alle Immobilien get ja wohl nicht.
18.02.2010
Original von Micha19 -- Camer(a)flimmern
...
Oder könnte man, wenn das Urteil bestätigt wird, das so sehen:
Das Sanssoucis Urteil gilt für Immobilien in öffentlicher Hand.
Das althergebrachte Schloss Tegel Urteil gilt für Immobilien in Privatbesitz.
...

es wäre sehr begrüßenswert, wenn das so bestätigt würde. die nutzung öffentlichen eigentums sollte auch jenseits der panoramafreiheit möglich sein.
18.02.2010
Heute war nur der Verkündungstermin. Es kann Wochen dauern, bis das Urteil in vollständiger, schriftlicher vorliegt und voher ist Alles Kaffeesatzleserei.
Die Tatsache, dass das OLG die Revision zugelassen hat, spricht für sich.
Es wird noch geraume Zeit dauern, bis eine endgültige Entscheidung vorliegt.
#8
18.02.2010
Original von Sylvio D. (gute Modelle sind ein Schatz)
Wir haben erst mal aufgeatmet, wir leben doch schon seit 1995 mit der Bedrohung, zu zahlen oder mal verklagt zu werden.
Diese jetzige Hoffnung macht die Arbeit in solchen Orten wieder leichter.



Dieses Urteil ist lider nichts wert, bis entweder die Stiftung auf Rechtsmittel (Revision beim BHG) verzichtet, was ich nicht glaube, oder ein Urteil des BGH vorliegt. Das kann aber noch Jahre dauern.

Und wenn der BGH aber der Stiftung Recht geben sollte, dann würden die wieder kräftig kassieren bei denen, die in der Zwischenzeit gearbeitet haben.

Deshalb Vorsicht, die Schlossgärten sind noch lange nicht offen.

klaus
18.02.2010
Original von Micha19 -- Camer(a)flimmern
Diesem neuen "Sanssouci-Urteil" steht allerdings das "Schloss Tegel Urteil" Urteil
des Bundesgerichtshof im Weg.

Dort wurden dem Hauseigentümer Abwehrrechte hinsichtlich der gewerblichen Verwertung von Fotografien zugebilligt, die nur von dem Hausgrundstück aus aufgenommen werden konnten (Urt. v. 20. 9. 1974 - I ZR 99/73, GRUR 1975, 500)

Dieses Urteil ist 35 Jahre alt. Es ist nicht gesagt, daß der BGH seine damalige Linie aufrechterhält.
18.02.2010
Ich bin mal extra 200 km gefahren um in der Völklinger Hütte ( Weltkulturerbe ) Fotos ( ohne Model ) zu machen. Da mussten wir dann - dort angekommen - beim EInlass unterschreiben, die Fotos nicht zu veröffentlichen, obwohl das Weltkulturerbe beauftragt vom Land Saarland verwaltet wird. Fand ich eine bodenlose Unverschämtheit, Fotos eines Weltkulturerbes nicht veröffenlichen zu dürfen-
19.02.2010
Original von TomRohwer
[quote]Original von Micha19 -- Camer(a)flimmern
Diesem neuen "Sanssouci-Urteil" steht allerdings das "Schloss Tegel Urteil" Urteil
des Bundesgerichtshof im Weg.

Dort wurden dem Hauseigentümer Abwehrrechte hinsichtlich der gewerblichen Verwertung von Fotografien zugebilligt, die nur von dem Hausgrundstück aus aufgenommen werden konnten (Urt. v. 20. 9. 1974 - I ZR 99/73, GRUR 1975, 500)

Dieses Urteil ist 35 Jahre alt. Es ist nicht gesagt, daß der BGH seine damalige Linie aufrechterhält.[/quote]

Falsch. Der Unterschied ist ganz einfach. Beim Tegelurteil geht s um Aufnahmen,die von Privatbesitz aus gemacht wurden. Beim aktuellen Fall geht es um einen öffentlich zugänglichen Park.
#13
19.02.2010
Es gibt hier leider auch Hobby-Moderatoren, die von ihrer eigenen Meinung so überzeugt sind, dass sie die Antworten von Fachleuten und Juristen (nicht Hobby-Juristen) ignorieren wollen, weil sie ihnen nicht passt.

Gewerbliche Aufnahmen brauchen immer ein Location-Release zur Veröffentlichung, private Aufnahmen meistens (z.B. in der Mietwohnung) nicht.

Wie dieser Rechtsstreit hier ausgehen wird, ist interessant, ob nämlich der BGH seine bisherige Rechtsprechung wie im Schloss-Tegel-Entscheid auch für gewerbliche Aufnahmen aufgeben wird.

Wie schlecht das Urteil des OLG übrigens formuliert ist, zeigen die Worte "... in den eigenen vier Wänden ... " . Das läßt viele Vermutungen offen, ist die Mietwohnung gemeint (also umgangssprachlich) oder gar nur die Eigentumswohnung ? (eigenen ...)

Da wird noch viel Wasser die Spree herunterlaufen. Ich würde mich jedenfalls nicht darauf verlassen, dass man nicht zahlen muss, auch wenn ich es mir für private Aufnahmen sehr wünschen würde.
19.02.2010
Ich finde die juristische Auseinandersetzung spannend.
Sie ergibt auch Sinn im heute sehr anders funktionierneden
Bildermanagement der Leute.
Hatte man "früher" Fotoalben, die man bei Kaffee und Kuchen
den Grosseltern vorführte findet dies heute, ohne Besuch
übers Internet statt.
Wenn dann im Internet Bildchen erscheinen, die zB den Eiffelturm
zeigen oder die Glaskuben I.M-. Pei im Louvre zeigen, hat man sich
eines "Verbrechens" schuldig gemacht.
Das ist schlicht Unsinn.

Dass da ein Gericht sich Gedanken macht über wann was wie gezeigt
werden dürfe schein mir folgerichtig. Auch wenn die nationalen Gesetzgebungen
brauchbare Lösungen noch weit hinaus schieben. Und es ist klar -
das ist kein letztinstanzliches Urteil.

Bei gleichem Gesetzestext sind Auslegungen nach 30 Jahren
im Zug der Zeit halt auch anders, auch im Recht.

Das Problem Location-Release ist ein anderes Sorgenkind.
Vor allem bei indoor Aufnahmen stellt es die Zutrittsberechtigung sicher.
Dieser release hat im grundsatz nichts mit Kosten zu tun.
Kosten können ein Teil des Release sein. Aber da können auch
Abgaben für Reinigung, Heizung, Zutrittskontrolle und dergleichen
erhoben werden. Nicht nur für das Recht, ein Bild zu machen.

Wichtig scheint mir - ist aber aus den Texten des Prozesses nicht Teil
davon, zu definieren, wenn und warum ein Bild kommerziell ist -
und wenn es ein Übungsstück ist - oder ein Erinnerungsbild.

Vielleicht beim nächsten Prozess

Heiner
19.02.2010
Original von Klaus Becker
Gewerbliche Aufnahmen brauchen immer ein Location-Release zur Veröffentlichung, private Aufnahmen meistens (z.B. in der Mietwohnung) nicht.
.


Leider mal wiedre ein Gerücht ohne festen Wohnsitz.
19.02.2010
Original von Ralf S
[quote]Original von TomRohwer
[quote]Original von Micha19 -- Camer(a)flimmern
Diesem neuen "Sanssouci-Urteil" steht allerdings das "Schloss Tegel Urteil" Urteil
des Bundesgerichtshof im Weg.

Dort wurden dem Hauseigentümer Abwehrrechte hinsichtlich der gewerblichen Verwertung von Fotografien zugebilligt, die nur von dem Hausgrundstück aus aufgenommen werden konnten (Urt. v. 20. 9. 1974 - I ZR 99/73, GRUR 1975, 500)

Dieses Urteil ist 35 Jahre alt. Es ist nicht gesagt, daß der BGH seine damalige Linie aufrechterhält.[/quote]

Falsch. Der Unterschied ist ganz einfach. Beim Tegelurteil geht s um Aufnahmen,die von Privatbesitz aus gemacht wurden. Beim aktuellen Fall geht es um einen öffentlich zugänglichen Park.[/quote]
Ließ das Urteil etwas genauer:

"Das Oberlandesgericht hat zur Begründung ausgeführt, es gebe kein Vorrecht des Eigentümers, das Bild seines Eigentums zu verwerten. Vielmehr habe der Fotograf oder der Filmemacher das Recht, den wirtschaftlichen Nutzen aus seinen Fotos und Filmen zu ziehen. Anderenfalls wäre risikofreies Fotografieren und Filmen nur noch in den eigenen vier Wänden und auf hoher See möglich. Wer nicht wolle, dass sein Eigentum fotografiert werde, könne den Zugang dazu verbieten und Vorkehrungen dagegen treffen, dass es gesehen werde. Diese Möglichkeit habe allerdings nur ein Privateigentümer, nicht dagegen die Stiftung. Ihr sei das Eigentum an den Parkanlagen und Schlössern von den Ländern Berlin und Brandenburg deswegen übertragen worden, damit sie gepflegt, bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden."

Wenn man das BGH-Urteil als Maßstab nimmt, kann die Stiftung das Fotografieren auf ihrem Gelände untersagen. Das OLG Brandenburg bestreitet dies für die Stiftung, die rechtlich genauso Eigentumsrechte geltend machen kann wie die Eigentümer des Tegeler Schlosses.

Die vom BGH definierten "Abwehrrechte" hat die Stiftung genauso wie jeder Privatmann - Eigentum, das im Besitz der öffentlichen Hand ist (Bund, Länder, Kommunen), ist rechtlich keineswegs "öffentliches Eigentum".

Insofern wird man sehen, wie der BGH ggf. entscheidet. Entweder er revidiert seine Vorstellungen von den "Abwehrrechten" des Eigentümers, oder er bestreitet sie dem Staat und staatlichen Einrichtungen (was ich mir nicht vorstellen kann), oder er belässt alles beim alten.
19.02.2010
Original von Carl vom Westhafen
Ich bin mal extra 200 km gefahren um in der Völklinger Hütte ( Weltkulturerbe ) Fotos ( ohne Model ) zu machen. Da mussten wir dann - dort angekommen - beim EInlass unterschreiben, die Fotos nicht zu veröffentlichen, obwohl das Weltkulturerbe beauftragt vom Land Saarland verwaltet wird. Fand ich eine bodenlose Unverschämtheit, Fotos eines Weltkulturerbes nicht veröffenlichen zu dürfen-

Das ist sehr zweischneidig.

Ganz grundsätzlich kann man ja auch argumentieren: wer als Einzelner Eigentum des Staates oder öffentlicher Einrichtungen besonders nutzen will (z.B. durch Fotoveröffentlichungen), der soll auch extra dafür bezahlen.

Der Steuerzahler bezahlt für den Unterhalt der Völklinger Hütte oder der Berliner Schlösser. Und dann kommt Hugo Krawuttke und vermarktet auf eigene Rechnung Fotos davon. Da kann man als Steuerzahler durchaus auch sagen: wenn Du das willst, mußt Du dafür was bezahlen.

Ich finde, daß man beide Positionen mit durchaus guten und schlüssigen Argumenten vertreten kann.
19.02.2010
Original von Klaus Becker
Gewerbliche Aufnahmen brauchen immer ein Location-Release zur Veröffentlichung, private Aufnahmen meistens (z.B. in der Mietwohnung) nicht.

Nein. Durchaus nicht immer. Und schon gar nicht immer vom Eigentümer. Manchmal auch vom Besitzer (Mieter), und manchmal auch gar keines.
20.02.2010
Original von TomRohwer
[quote]Original von Carl vom Westhafen
.... obwohl das Weltkulturerbe beauftragt vom Land Saarland verwaltet wird. Fand ich eine bodenlose Unverschämtheit, Fotos eines Weltkulturerbes nicht veröffenlichen zu dürfen-

Das ist sehr zweischneidig.

Ganz grundsätzlich kann man ja auch argumentieren: wer als Einzelner Eigentum des Staates oder öffentlicher Einrichtungen besonders nutzen will (z.B. durch Fotoveröffentlichungen), der soll auch extra dafür bezahlen.
[/quote]
Es ging dabei nicht um kommerzielle Veröffentlichung, vielleicht aber zur Eigenwerbung.
Gut, wenn mir angeboten worden wäre, das für den Betrag X nicthkommerziell veröffentlichen zu dürfen, dann wäre es VIELLEICHT ok.
Aber dieses Angebot wurde (a) nicht gemacht, sondern es war pauschal verboten.
(b) wurden wahrscheinlich die Fotorechte an irgendeinen Fotografenplatzhirsch verschachert ( vermutlich auf unterer Ebene; Achtung: Meinungsäußerung ) und
(c) sollte dann ganz groß auf der Website prangen "Achtung: das Weltkulturerbe darf nicht fotografiert werden", um zu verhindern, daß Leute 200km anreisen - so gesehen betrachte ich das als Falle - es wurde der Eindruck erweckt, nach Bezahlung des Eintrittspreises dürfe man auch fotografieren, und
(d) hat das Wort "Weltkulturerbe" eben für mich schon die Bedeutung, daß die Kultur ( und damit die fotografierbare Kultur ) eben der Welt "gehört" . In anderen Branchen wird mindestens die Anforderung gestellt, Rechte auf "nichtdiskriminierende Art" weiterzugeben, wenn irgendwas den "Segen" einer offiziellen Organisation erhält ( und ich nehme an, diejenigen die den Titel Weltkulturerbe verteilen sind nichtkommerzielle regierungsnahe Organisationen ).
(e) sollte ein Weltkulturerbe welches von Verrostung bedroht ist eigentlich so oft wie möglich fotografiert werden, damit dann die Erinnerung daran übrigbleibt wenn es irgendwann zerfallen ist.
(f) bin ich tatsächlich der Meinung, daß wenn ich Steuern bezahle, dann der Staat gewisse Dinge kostenlos oder höchstens zu Pflegekosten bereitstellen soll. Öffentliches Eigentum ist schon öffnetliches Eigentum.
(g) Darüberhinaus nutze ich das Eigentum ja nicht auf besondere Art, sondern ein Abbild dessen.

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