Urteil: Fototapete in Gästezimmer als Urheberrechtsverletzung 74

Zumindest einer der Bilderhändler hat diesen klagenden Fotograf schon aus seinem Angebot gestrichen - vor 3 Tagen waren dessen Fototapeten (zu Preisen um die 500 €) noch verfügbar. Jetzt sind dessen Bilder komplett aus dem Programme genommen, weder Alu-Dibonds in 50x70 noch die Tapeten in 170×240 sind dort noch bestellbar.
1 year ago
Ich hatte beim Fotografieren eines Modells auch mal ein gemaltes Bild an einer Wand, was garantiert urheberrechtlich geschützt war.
Ich retuschieren es weg. Aber das Model verstand wie Welt nicht mehr.
Erst als ich ihr es erklärte... .
Aber manche Sachen sind schon exotisch ... das muß man zugeben.
Und teilweise völlig unverständlich.
1 year ago
"Im Bildhintergrund pickt Tapete an einer Wand." - ich habe noch nie irgendeine Tapete irgendwo picken sehen.
1 year ago
Zitat Rodivo
" Im Bunde mit regelungswütigen Politikern ist die Juristerei nahezu unangreifbar."
Ich vermute, dass wir zwar im Grunde einer Meinung sind, aber so formuliert möchte ich das nicht stehen lassen.

Ich behaupte:
Die Politiker machen derart schlechte Gesetze - egal ob handwerklich oder inhaltlich - dass viele Fragen offen bleiben bzw. Gesetze sich auch widersprechen. So verschaffen sie Juristen einerseits viel Arbeit und andererseits viel Macht.

Wir haben ja in Deutschland die Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Jurisdiktion (die oft Judikative genannt wird). Man liest immer wieder, dass Gesetze "kassiert" werden. Wenn die Gesetze bereits bestehenden Gesetzen widersprechen oder gegen die Verfassung verstoßen, dann finde ich das auch ok. Wenn aber ein Gericht findet, dass ein Gesetz ungerecht ist, dann kann das auch eine Anmaßung sein.

Bei VERTRÄGEN ist das genau so. Je eindeutiger formuliert, desto wahrscheinlicher ist der Bestand.

Was die GEMA betrifft: Die GEMA hat viele Mitarbeiter, die alles auswerten, was sie irgendwo hören. Ich weiß es nicht, aber vermutlich gehen die auch durch Straßen. In Hamburg allerdings ist diese Form (Playback) der Straßenmusik ohnehin verboten. Wenn irgendwo ein Verstärker tätig ist, dann ist oft die Polizei sehr schnell da. Aber auch "selbst gespielte Musik" kann natürlich die GEMA auf den Plan rufen. Erst selbst komponiert ist vermutlich unproblematisch. Allerdings glaube ich nicht, dass die GEMA "zuschlägt", wenn der Sitznachbar in der Bahn, den Klingelton von Deinem Handy mithören kann. Und das ist für mich ungefähr das Niveau der Fototapete.

Im Grunde finde ich es gut, wenn Urheberrechte beachtet werden müssen - aber irgendwo muss auch eine Grenze sein.
1 year ago
Nun ja, zu guter letzt wird sich dieses Urteil als Bumerang erweisen.
Damit sägt er sich den Ast ab auf dem er sitzt, jeder Normalo wird zukünftig alles
vermeiden um seine Fotos zu kaufen und um alle daraus folgenden
Unannehmlichkeiten zu vermeiden.
Egal was der besagte Fotograf zukünftig verkaufen will, wer greift da noch zu.
Je mehr dieses Urteil publik wird, umso geringer die zukünftigen Einnahmen,
der Markt regelt das.
Die Klagen werden über kurz oder lang auch verschwinden = Einnahmen gegen Null.
1 year ago
Die GEMA hat viele Mitarbeiter, die alles auswerten, was sie irgendwo hören. Ich weiß es nicht, aber vermutlich gehen die auch durch Straßen.

Die GEMA hat in Deutschland zur Zeit insgesamt 937 Mitarbeiter, und die laufen ganz bestimmt nicht durch die Straßen und horchen, ob sie irgendwo GEMA-pflichtige Musik hören...

Die verwalten die Ansprüche der ca. 85.000 Mitglieder der GEMA und darüber hinaus die Ansprüche der schätzungsweise 1 Million oder mehr Mitglieder der anderen Verwertungsgesellschaften auf der ganzen Welt, die mit der GEMA vertraglich kooperieren.

Die GEMA konnte übrigens dank der Verwaltungs-Arbeit ihrer 937 Angestellten im Jahr 2021 886,5 Millionen Euro an ihre Mitglieder bzw. die Mitglieder ihrer Partner-Gesellschaften ausschütten.

Das ist eine Kosten-Nutzen-Quote, die jede staatliche Verwaltung mit Ausnahme der Steuerfahndung locker in den Schatten stellt. (Auch Steuerfahnder erzielen pro Nase im Jahr durchschnittlich einen Ertrag von knapp 1 Million Euro für die Staatskasse.)
@ R R Rolut zu #25
Ist schon passiert, zumindest ein Händler hat diesen klagenden Fotograf schon ausgelistet. Vor 3 Tagen waren noch ca. 15 (und vielleicht noch viel mehr) Bilder von ihm gelistet, und wie Du schon in #7 schriebst, wären ihm auch die Publikationsformen bekannt. Er hätte also ggfs. auch Einschränkungen bzgl. der angebotenen Formate festlegen können.
Zum Thema gibt es einen aktuellen Thread:
https://www.model-kartei.de/forum/thread/101632/

Die Website des Klägers zeigt unter anderem typische Fotohintergründe, wie Steinwände, Bücherregale usw. wie sie üblicherweise in Fotostudios und bei mobilen Shootings verwendet werden. Oft geht es primär nicht um Tapeten sondern um explizit für die Nutzung von Fotografen entwickelte Kulissen; jedoch finden auch fest verklebte Fototapeten in den Studios Verwendung. Dieses Thema ist meines Erachtens - für uns in der MK - noch relevanter, als die Nutzung in einer Ferienwohnung u.ä.

Zumindest lässt die Argumentation des OLG Düsseldorf Az. I-20 U 56/23 hoffen, dass spätestens in der nächsten zu erwartenden Instanz, Rechtssicherheit im Sinne des gesunden Menschenverstandes, der sich in diesem Urteil andeutet, geschaffen wird.

Dennoch fände ich im Vorfeld eine (natürlich unverbindliche) rechtliche Einschätzung in Bezug auf mobile Fotohintergründe oder Fototapeten in Fotostudios interessant. Deshalb drücke ich an dieser Stelle mein Bedauern darüber aus, dass im eingangs genannten Thread eine Diskussion nicht zugelassen ist.
9 months ago
Na, dies können wir doch auch hier machen! Das Mk-Forum ist schließlich eine der führenden Denkfabriken in Deutschland.
9 months ago
Kann jemand erklären, warum »Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen« das Recht am eigenen Bild aushebeln, aber »Bilder, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke nur als Beiwerk erscheinen« dem Urheberrecht unterliegen?

Die Erklärung ist einfach: dem ist nicht so...

§ 57 UrhG Unwesentliches Beiwerk
Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind.

§ 23 KunstUrhG
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

In beiden Fällen allerdings ist es eine Abwägungsfrage, was wann wie in welchem Zusammenhang als »Beiwerk« anzusehen ist, und was nicht.

Und vor allem ist es eine Frage des Erschöpfungsgrundsatzes, analog z.B. zum berühmten Parfümflakon-Urteil des BGH. Damit wurde ja auch hier argumentiert, was für mein Empfinden durchaus plausibel ist.
9 months ago
Was ist mit anderen Tapeten, die womöglich nicht auf Fotos basieren, aber durchaus einen Entwerfer (Künstler) im als Urheber haben.

Völlig berechtigte Frage - denn diverse Tapeten-Designs haben genügend Schöpfungshöhe, um als Werk urheberrechtlich geschützt zu sein.
Bei Fotos kommt aber dazu, daß sich die Frage nach der Schöpfungshöhe kaum stellt - ein Foto mit Schöpfungshöhe ist als "Lichtbildwerk" im Sinne des §2 UrhG geschützt, ein Foto ohne besondere Schöpfungshöhe als "Einfaches Lichtbild" im Sinne des §72 UrhG.

Als Fotograf werde ich mich über diese dezente Privilegierung der Fotografie jetzt nicht beschweren... ;-)))
9 months ago
@ Pixelworx photography
Volle Zustimmung meinerseits, und ich hoffe auch, daß die Entscheidung ggfs. in der Revision am BGH standhält und der Kläger endgültig baden geht ! Wer seine Bildwerke in den entsprechenden wandbedeckenden Formaten anbietet, muß auch mit einer entsprechenden Nutzung leben. Anderenfalls hätte er es für max. 40x60 oder 50x70 freigeben sollen, dann käme es auch nicht als Shootinghintergrund in Betracht (oder wäre ggfs. nur Beiwerk).
Bei eigenmächtiger Vergrößerung durch den Käufer wäre die Klage berechtigt, aber so gewiß nicht !
Da wäre möglicherweise einiges hinsichtlich rechtsmissbräuchlicher Massenabmahnung zu machen. Insbesondere möglicherweise dann, wenn der RA bei jeder der xxx Abmahnungen den vollen Gebührensatz berechnet.

Es stellt sich für mich die Frage, ob die Abmahnungen der Rechtsfindung, oder möglicherweise ganz anderen Zielen dienen.

Es wäre auch interessant, was die RA-Aufsichtsbehörde zu dem Thema meint. Es haben schon Anwälte ihre Zulassung verloren, nur dann und sofern deren Tätigkeit als rechtsmissbräuchlich bewertet wurde. Ob das für diesen Fall zutrifft, müsste natürlich erstmal mit Rechtskraftvermerk festgestellt sein.
9 months ago
@ aktstudie@outlook.de


Es wäre auch interessant, was die RA-Aufsichtsbehörde zu dem Thema meint. Es haben schon Anwälte ihre Zulassung verloren, nur dann und sofern deren Tätigkeit als rechtsmissbräuchlich bewertet wurde.


Aufsichtsbehörde der Bundesrechtsanwaltskammer ist das Bundesjustizministerium :

https://www.brak.de/die-brak/

https://www.brak.de/newsroom/news/abmahnwelle-war-rechtsmissbraeuchlich/

https://www.talentrocket.de/karrieremagazin/details/anwaltszulassung-verlieren

https://kanzlei-herfurtner.de/anwaltszulassung-verlieren/

https://www.anwalt.de/rechtstipps/olg-koeln-gibt-indizien-fuer-eine-rechtsmissbraeuchliche-abmahnung_182820.html
9 months ago
https://www.brak.de/newsroom/news/abmahnwelle-war-rechtsmissbraeuchlich/

Das ist nun allerdings ein Sonderfall, der mit dem Streit um die Fototapete in keiner Weise etwas zu tun hat.
Eine m.E. etwas oberflächliche Abhandlung findet sich hier:
https://magazin.art-and-law.de/urheberrecht-wann-darf-man-designs-auf-einem-foto-ohne-zustimmung-des-urhebers-mit-abbilden/

Ungeklärt, obwohl von der Zweckbestimmung eigentlich unbedenklich, bleibt hier noch für mit die Frage des Einsatzes von Fotohintergründen, aber:

Tom Rohwer: Das von dir vorgetragene Urteil ist aber für meine Frage bezüglich der Fotohintergründe mit Motiven durchaus sehr interessant wegen dieser Passage: „Wer sich aber bewusst und gezielt in eine Situation begebe, in der ihm eine Persönlichkeitsrechtsverletzung drohe, um daraus Ansprüche zu begründen, sei nicht schutzbedürftig.“ Wer solche Kulissen für Fotos anbietet, kann nach dieser Argumentation eine solche Rechtsverletzung nicht geltend machen.
9 months ago
Richtig spannend wäre auch eine Fototapete des nächlich zeitweise angestrahlten Eiffelturms ..

https://blog.lens-aid.de/eiffelturm-nacht-darum-fotografieren-verboten/

https://www.dovido.de/Tapeten-von-Stadten/Fototapete-Eiffelturm-bei-Nacht?varianta=187180

In 2m x 3m der perfekte Hintergrund, um davor ein Model posieren zu lassen, wobei dann die "Beiwerkseigenschaft" des Eiffelturms Thema würde ..
7 months ago
Dann gibt's endlich eine höchstrichterliche Entscheidung. Gut so für alle Beteiligten.
7 months ago
Aber wozu braucht man eine höchstrichterliche Entscheidung, wenn man auch einfach Tom Rower fragen kann? Zählt das etwa nicht als gleichwertig? Tom? Sprich zu uns!

:-)

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