AFP: kein Urheberrecht für Pressefotos und Pressefotografen 16

3 years ago
Immer wenn man denkt, es könne einen nichts mehr wirklich überraschen, kommen irgendeiner um die Ecke und beweist einem das Gegenteil.

Die französische Nachrichtenagentur AFP (Agence France Press) argumentiert gerade gegenüber einem portugiesischen Pressefotografen und ehemaligen AFP-Mitarbeiter, weder seien Pressefotos urheberrechtlich geschützt noch hätten Pressefotografen das Urheberrecht an ihren Fotos...

https://www.dpreview.com/news/6495980020/photo-agency-refuses-return-copyright-photographer-claims-journalists-copyright-protection

Ich kommentiere das jetzt nicht weiter. Ich brauche die nächsten drei Tage, um das zu verdauen. Künftig werde ich aber alle AFP-Fotos bedenkenlos ohne Nutzungslizenz und ohne Honorar zu bezahlen verwenden.

Immerhin hat AFP ja gesagt, daß das die Rechtslage ist.
[gone] User_5999
3 years ago
Das habe ich kürzlich zum Thema Namensnennung in einem anderen Thread geschrieben: "Übrigens, achtet mal darauf, wie oft Fotografennamen öffentlich untergehen... Auch, weil sie in irgendeiner Form bezahlt worden sind. So finden sich in den meisten Tageszeitungen nur Agenturkürzel wie dpa oder AFP... Dabei gibt die Deutsche Presseagentur in ihrem Kundenportal den Fotografennamen an... Auch Pressestellen und PR-Agenturen lassen den Namen des Fotografen weg, zugunsten des eigenen Kürzels... Mit dem meist unter Tarif liegenden Honorar werden Namensrechte abgetreten... Klar, könnte man sich gegen wehren... Verliert dann aber den Auftraggeber..."

Dazu kann ich ergänzen, dass auch in Deutschland das Urheberrecht beim Auftraggeber liegen kann. Das geht soweit, dass in analogen Zeiten sogar das Negativmaterial beim Auftraggeber archiviert wurde... Da bietet die Digitaltechnik natürlich mehr Möglichkeiten...

Erst kürzlich hat die Stadt Münster das Jubiläum ihres Goldenen Buches gefeiert. Mit einem Bild, von Queen Mum, das zeitlich falsch eingeordnet war... Bildquelle: Stadt Münster... Ich habe dafür vor 30 Jahren nur ein paar Mark gesehen... Aber, dass ist in der Presselandschaft üblich... Faire Redaktionen zahlen schon mal ein Zweitveröffentlichungshonorar... Ich arbeite seit 35 Jahren als Redakteur... Und Agenturfotos erscheinen in unserer Gruppe in der Regel nur mit Agenturkürzel...
[gone] User_5999
3 years ago
PS: Das mit dem Zweithonorar gilt für Freie Fotografen im Lokalbereich....
Es ist schon im deutschen Recht schwer Urherberrecht und Nutzungsrechte auseinander zuhalten, der englische Text macht es nicht einfacher:
1.
"... in meinem Vertrag mit AFP gab es eine Klausel, die besagte, dass das Copyright für AFP gilt. Ich glaube, dass dies gegen das Gesetz verstößt und daher nichtig ist."
War jetzt hier nicht das Nutzungsrecht gemeint ?

2.
'Ich mache mein Urheberrecht geltend, weil AFP meine Bilder behalten hat, nachdem [ich gegangen bin], anstatt die Gewinne mit mir zu teilen, wie die französischen Fotografen, und das Geld für sich selbst zu behalten... Ich will Gerechtigkeit [...] Die Verteidigungslinie von AFP ist so absurd, so egoistisch, so kurzsichtig, dass es schwer zu glauben ist."
Ist das nicht eher eine Frage der Gestaltung des Nutzungsrechts zwischen AFP und Journalist ?

3.
"Wiederum argumentiert AFP, dass Nachrichten oder Fotografien, die über Nachrichtenereignisse berichten, nicht kreativ und originell seien und keinen rechtlichen Schutz verdienten. AFP scheint sowohl zu argumentieren, dass sie Eigentümerin von Leongs Bildern ist, als auch, dass Leongs Bilder überhaupt keinen Urheberrechtsschutz verdienen. Dies sind bedeutende Behauptungen."
Diesen Punkt finde ich bedeutsam.
Ich verstehe mich immer als Urheber meiner Fotos, doch habe ich auch Rechte nach dem Urheberrecht ? Soweit ich verstehe, erwartet das Urheberrecht auch eine gewisse Schöpfungshöhe, denn
"Die rein handwerkliche Leistung, die jedermann mit durchschnittlichen Fähigkeiten ebenso zustande brächte, mag sie auch auf anerkennenswertem Fleiß und auf solidem Können beruhen, liegt außerhalb der Schutzfähigkeit" - LG Berlin, Urteil vom 6. Mai 1986, Az. 16 O 72/86
Ich sehe das so, wenn der Fotograf bei der Agentur als Fotograf angestellt ist, ist der Urheber die Agentur.
Ist er bei der Agentur als freier Mitarbeiter angestellt, also selbständig, dann ist die Urheberschaft im Vertrag geregelt. Ist sie nicht geregelt, liegt sie beim Fotografen.
Zum Vergleich:
Wenn du bei einer Firma als Angestellter eine Erfindung machst, gehört sie der Firma und nicht dir. Du wurdest ja für diese Leistung bezahlt.
3 years ago
Ganau so ist das und es ist auch nichts Neues.
Siehe MAGNUM
3 years ago
Mir ist auch nichts anderes bekannt als das was Jürgen in #5 schreibt.
Aber wenn Tom sich nach 3 Tagen beruhigt hat, und er noch Lust hat, kann er ja mal die Besonderheit seines Referenzartikels erläutern.
3 years ago
Ja, es scheint wirklich schwer zu sein mit Urheberrecht und Nutzungsrecht :-)

Zugegeben, ich weiß es nicht genau, weil ich nicht bei einer Agentur angestellt bin, aber meine Vermutung ist, dass eine Agentur auf jeden Fall das Nutzungsrecht hat, wenn ein fest angestellter Fotograf ein Foto produziert. Und für mich ist "Copyright" auch mehr die "Übersetzung" von "Nutzungsrecht" (das Recht Kopien anzufertigen und weiter zu verwerten) - und nicht "Urheberrecht".

Folgerichtig kann ich den ersten Teil von Toms Aufregung verstehen - den zweiten Teil bzw. die Konsequenz daraus kann ich nicht verstehen. Vielmehr sehe ich einen doppelten Denkfehler bei Toms Versuch, für sich selbst ein Nutzungsrecht abzuleiten.
[gone] User_5999
3 years ago
eckisfotos

Das ist so, Presse-, aber auch PR-Agenturen vergeben Aufträge und gelten die Urheberrechte mit dem Honorar ab... Das gleiche gilt für die meisten Zeitschriften und Zeitungen... Wobei es nur noch ganz wenige Verlage gibt, die festangestellte Fotografen haben... Ohne diese (oft für Fotografen ungünstigen Regelungen), wäre es schwer, Honorare für ein Bild zu berechnen... Denn, die Agentur kann ja nicht abschätzen, wie oft ein Bild durch ihre Abnehmer (in der Regel Zeitungen) benutzt wird... Es werden ja auch Archivbilder verwendet - oft Jahre später - wer soll da Honorare nachhalten? Natürlich ist es ärgerlich für Fotografen, oft so abgespeist zu werden... Denn auch die Auftraggeber machen sich Angebot und Nachfrage zu nutzen...

Konkretes Beispiel: Ich habe noch als Student in Münster Auftragsbilder für die Stadtverwaltung gemacht. Ein Fotoauftrag wurde "großzügig" mit 20 DM abgegolten (in einer Studentenstadt ist der Konkurrenzdruck höher als auf dem Dorf). Ich habe direkter nach seiner Wahl im Rat den damals neuen Oberbürgermeister Dr. Jörg Twenhoven fürs Presseamt fotografiert. Dieses Bild mocht der so, dass es sein offizielles Presse- und Broschürenbild wurde - es ist hundertfach genutzt worden - mit dem Copyright-Hinweis "Stadt Münster".Ganz am Anfang stellte mir die Stadt für Aufträge eine Contax RTS. Vor über 35 Jahren war das sogar so, dass ich nur fotografierte, Entwicklung und Arvhivierung gingen über die Stadtverwaltung. Die Tatsache, dass ich in einer Galerie Queen Mum im Friedenssaal zeigen kann, liegt daran, dass ich eine zweite, private Kamera "eingeschmuggelt" hatte...

Im übrigen gelten die Regelungen im Pressebereich nicht nur für Fotografen, sondern auch für Redakteure... So dürfte ich eigene Texte nicht ohne Genehmigung des Verlages öffentlich machen oder weitergeben... Das ist in meinem Arbeitsvertrag festgehalten, der älter als die Soziale Netzwerke ist.
3 years ago
Wie eckisfotos schon schrieb, man sollte Urheber und Nutzungsrechte unterscheiden. Wird sonst leicht unübersichtlich.
https://www.urheberrecht.de/abtreten/
[gone] User_567256
3 years ago
… und gelten die Urheberrechte mit dem Honorar ab

Nein, keineswegs. Vielmehr ist es so, dass sie VERSUCHEN diese Rechte mittels Honorar abzugelten. Doch Urheberrechte sind Persönlichkeitsrechte, und als solche weder verkäuflich noch in sonstiger Art abtretbar. Sie bleiben mit dem Erwerb (Klick) bis zum Lebensende des Erstellers mit diesem verbunden. Erst nach dem Ableben des Erstellers werden sie eventuell vererbt – was die einzig mögliche Übertragungsmöglichkeit ist.
Allerdings scheint das nicht Kenntnisstand jedes Pressefotografen zu sein.

Urheberrecht wie auch Nutzungsrecht ist keineswegs kompliziert, da es durch mehr als 100jährige Rechtspraxis immer mehr verfeinert und eindeutiger definiert wurde. Doch dabei sollte man schon nationales (deutsches) Recht von dem anderer Länder unterscheiden können. Dennoch werden Winkeladvokaten (in der Hoffnung auf Unwissenheit) immer wieder versuchen, absurde Forderungen aufzustellen.
Urheberrecht hin oder her, so wie ich es verstanden habe, will AFP erreichen, dass Nachrichten-Foto nicht mehr urheberrechtlich geschützt werden können. Natürlich können Fotografen immer mit der Agentur eine Vereinbarung treffen unter welchen Bedingungen diese das Foto verwenden darf, nur kann sich der Fotograf dann nicht mehr lebenslang auf sein Urheberrecht am Foto berufen (wie im obigen Fall).
[gone] User_567256
3 years ago
… Urheberrecht hin oder her, so wie ich es
VERSTEHEN WILL …
Das kann dir doch scheißegal sein. Es geht um einen portugiesischen Fotograf, der sich auf sein (vermeintliches?) nationales portugiesisches Recht beruft. Und die Agentur beruft sich auf das für sie (vermeintlich?) zuständige französische Recht. Weshalb um alles in der Welt glaubst du, nunmehr mit DEUTSCHEM Recht argumentieren zu müssen?!
[gone] User_5999
3 years ago
Die meisten Pressefotografen kennen ihre Rechte... Stehen aber vor der Wahl, Aufträge zu bekommen oder kellnern zu gehen... Auch der Deutsche Journalistenverband und Verdi schaffen es seit Jahren nicht, Tarife durchzusetzen... Abgesehen davon, dass immer mehr Medien die Tarifbindung verlassen haben...
[@567256] Wo habe ich von DEUTSCHEM Recht geschreiben?

Laut dem Sindicato dos Jornalistas (SJ) in Portugal argumentiert die Verteidigung von AFP, dass die von ihr verbreiteten Nachrichten gemeinfrei seien und keinen Schutz nach dem Urheberrecht verdienten, da sie "bloße Vehikel darstellen, die der Öffentlichkeit eine Reihe von Fakten übermitteln, die ein bestimmtes Tagesereignis oder Nachrichten darstellen".

Das ist doch in meinen Augen der Punkt: Die Fotos an sich sind nicht mehr relevant für ein Urheberrecht.
3 years ago
Lichtsieb
Danke für den Link. Es ist auch in diesem Forum teils gebetsmühlenartig und oft genug wiederholt worden: Das Urheberrecht kann nicht abgetreten werden - zumindest nach deutschem Recht. Warum "copyright" mit Urheberrecht übersetzt wird, das mögen Sprachwissenschaftler klären.

Richtig ist, dass ein Fotograf in einem Arbeitsvertrag mit einer Bildagentur üblicherweise das Nutzungsrecht abtritt - was zur Folge hat, dass ihm das Urheberrecht nichts mehr nützt (außer dass vielleicht sein Name unter dem Bild steht).

Neu ist für mich, dass eine Bildagentur behauptet, dass es ein Urheberrecht in bestimmten Fällen gar nicht gibt - und somit die Nutzungsrechte ohnehin bei der Agentur liegen. Der einzige Unterschied wäre für mich die Kennzeichnung des Bildes mit dem Fotografennamen.

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