Die Fotografie ist tot, es lebe ... 113
6 years ago
Die ewig gestrigen findet man echt in jeder Form und Ausprägung und in jedem Kontext. Ist schon erstaunlich.
Unbestritten kann das Smartphone bis heute nicht die Qualität einer "richtigen Kamera" ab dem mittleren Segment aufwärts erreichen. Ich bin kein Technikfreak, die technischen Gründe kenne ich also nicht. Liegt wohl daran, dass man in einem normalen Smartphone bisher keinen seriösen Sensor unterbringen kann oder so.
Zum "sofort das Handy hochreissen" bin ich auch zu alt. Und ich finde das traurig, wenn man nach aussen mehr erleben "muss" als nach innen. Aber jeder Mensch wächst mit einer anderen gesellschaftlichen Prägung auf. Und so ist "Menschen, die nur wegen ihres Aussehens beliebt sind, können nicht so glücklich sein wie Menschen, die wegen ihrer inneren Werte bedeutend sind" ebenso völliger Quatsch wie "wer die ganze Zeit posten muss, hat weniger Tiefgang als jemand, der alles für sich allein behält".
Wenn dir gutes Aussehen alles bedeutet, wirst du glücklich mit jemandem sein, der das auch so sieht und fühlt.
Wenn du zehn Fotos täglich auf Instagram postest und diese von Leuten, die das ebenso toll finden, geliked werden, dann ist die Gruppe ebenso glücklich damit wie jemand, dem nur ein tolles Foto pro Monat gelingt.
Jeder Jeck ist anders.
Ich besitze ein Smartphone der neuesten Generation mit einer der besten Kameras am Markt. Es macht bei schlechten Lichtverhältnissen subjektiv (!!!) und in der kleinen Auflösung am Display (!!!) bessere Bilder als meine Kameras. Ich hatte bei meinem letzten New York-Trip keine Kamera mehr dabei, nur das Smartphone. Und ja, man kann sich die Bilder vergrössert nicht antun. Selbst auf meinem grossen Fernseher sind sie schon zu schlecht.
Aber wenn ich mit Freunden und Verwandten mal wieder über meinen letzten Urlaub spreche und sie Bilder sehen wollen, dann hab ich die Bilder immer dabei, und dann sitzt man schön zusammen und schwelgt in Erinnerungen. Und das kann ich mit jedem sofort und überall so machen. Und sofern man kein professioneller Fotograf ist, ist es doch das, worauf es ankommt. Oder?
PS: Es gibt Leute, die ihren Kinofilm absichtlich auf schlechterem Material drehen, als sie könnten, weil der Film dadurch lebensnäher wirkt, so beispielsweise Sophia Coppola bei "Lost In Translation".
PPS: Jeden Moment seines Lebens zeigen zu wollen, sich präsentieren zu wollen, dadurch Feedback zu seiner Position im Leben zu bekommen, das war als Teenager und auch noch als Twen immer schon recht normal. Kleine Mädchen zogen sich dafür früher so nackig an, wie es der Zeitgeist erlaubte. Jungs gröhlten und benahmen sich daneben, so weit es der Zeitgeist erlaubte. Heute wird halt alles gepostet.
In dem Sinne - schöne Grüsse aus New York:
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=2009773535716389&l=4bee7a39fa
Unbestritten kann das Smartphone bis heute nicht die Qualität einer "richtigen Kamera" ab dem mittleren Segment aufwärts erreichen. Ich bin kein Technikfreak, die technischen Gründe kenne ich also nicht. Liegt wohl daran, dass man in einem normalen Smartphone bisher keinen seriösen Sensor unterbringen kann oder so.
Zum "sofort das Handy hochreissen" bin ich auch zu alt. Und ich finde das traurig, wenn man nach aussen mehr erleben "muss" als nach innen. Aber jeder Mensch wächst mit einer anderen gesellschaftlichen Prägung auf. Und so ist "Menschen, die nur wegen ihres Aussehens beliebt sind, können nicht so glücklich sein wie Menschen, die wegen ihrer inneren Werte bedeutend sind" ebenso völliger Quatsch wie "wer die ganze Zeit posten muss, hat weniger Tiefgang als jemand, der alles für sich allein behält".
Wenn dir gutes Aussehen alles bedeutet, wirst du glücklich mit jemandem sein, der das auch so sieht und fühlt.
Wenn du zehn Fotos täglich auf Instagram postest und diese von Leuten, die das ebenso toll finden, geliked werden, dann ist die Gruppe ebenso glücklich damit wie jemand, dem nur ein tolles Foto pro Monat gelingt.
Jeder Jeck ist anders.
Ich besitze ein Smartphone der neuesten Generation mit einer der besten Kameras am Markt. Es macht bei schlechten Lichtverhältnissen subjektiv (!!!) und in der kleinen Auflösung am Display (!!!) bessere Bilder als meine Kameras. Ich hatte bei meinem letzten New York-Trip keine Kamera mehr dabei, nur das Smartphone. Und ja, man kann sich die Bilder vergrössert nicht antun. Selbst auf meinem grossen Fernseher sind sie schon zu schlecht.
Aber wenn ich mit Freunden und Verwandten mal wieder über meinen letzten Urlaub spreche und sie Bilder sehen wollen, dann hab ich die Bilder immer dabei, und dann sitzt man schön zusammen und schwelgt in Erinnerungen. Und das kann ich mit jedem sofort und überall so machen. Und sofern man kein professioneller Fotograf ist, ist es doch das, worauf es ankommt. Oder?
PS: Es gibt Leute, die ihren Kinofilm absichtlich auf schlechterem Material drehen, als sie könnten, weil der Film dadurch lebensnäher wirkt, so beispielsweise Sophia Coppola bei "Lost In Translation".
PPS: Jeden Moment seines Lebens zeigen zu wollen, sich präsentieren zu wollen, dadurch Feedback zu seiner Position im Leben zu bekommen, das war als Teenager und auch noch als Twen immer schon recht normal. Kleine Mädchen zogen sich dafür früher so nackig an, wie es der Zeitgeist erlaubte. Jungs gröhlten und benahmen sich daneben, so weit es der Zeitgeist erlaubte. Heute wird halt alles gepostet.
In dem Sinne - schöne Grüsse aus New York:
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=2009773535716389&l=4bee7a39fa
#22Report
#23
6 years ago
Ich glaube, dieses Smartphone-Knipsen beruht auf dem gleichen Reflex, aus dem heraus schon immer ein Urlauber zwanghaft den Eiffelturm fotografierte, wenn er zum ersten Mal nach Paris kommt. Die Situation "gehört" einem dadurch, man schlägt einen Pflock ein, man hat einen Beleg. Den Eiffelturm zu fotografieren, um ein Foto vom Eiffelturm zu haben, war auch früher schon unsinnig. Und während man früher dem Reflex nur in besonderen Situationen nachgeben konnte (man hat die dicke Knipse dabei), reicht heute der Griff in die Hemdtasche. Und den Refex Nummer 2, nämlich der Verwandschaft per Ansichtskarte seinen "Erfolg" kundzutun, erschlägt man heute mittels WhatsApp gleich mit.
#24Report
6 years ago
Ich werde eine App entwickeln, die versendete Handyfotos vom Eiffelturm automatisch digital schrededdert, und die nenn ich dann "FuckApp". Der User bekommt dann am ende jeden Tages nur eine Statistik, wieviele triviale Handybilder geschreddert wurden.
@Heinz: es tut mir wirklich sehr leid, daß Du (und die Restwelt) vor der Erfindung des Smartphones nicht in der Lage warst, Locations abzufotografieren, ohne einen rund 12 kg schweren Rucksack mitzuschleifen.
Tatsächlich war JEDE halbwegs brauchbare Kamera bis zur Erfindung des Smartphones schwerer als 14 kg, und man brauchte mindestens 3 Bodybuilder und einen sehr stabilen Rollwagen um das Gerät an Ort und Stelle zu bewegen. Viele die das nicht wissen, unterschätzen den technischen Fortschritt, den die Fotografie mit dem Smartphone eingeschlagen hat.
@Heinz: es tut mir wirklich sehr leid, daß Du (und die Restwelt) vor der Erfindung des Smartphones nicht in der Lage warst, Locations abzufotografieren, ohne einen rund 12 kg schweren Rucksack mitzuschleifen.
Tatsächlich war JEDE halbwegs brauchbare Kamera bis zur Erfindung des Smartphones schwerer als 14 kg, und man brauchte mindestens 3 Bodybuilder und einen sehr stabilen Rollwagen um das Gerät an Ort und Stelle zu bewegen. Viele die das nicht wissen, unterschätzen den technischen Fortschritt, den die Fotografie mit dem Smartphone eingeschlagen hat.
#25Report
#26
6 years ago
Gut, daß Smartphones direkt die analoge Fotografie beendet haben, und mit dem Smartphone endlich kostengünstige und unaufwändige Bilder mit mobilem Equipment möglich wurden. Vor dem Smartphone gab es leider nur 135-36er Filme, die man wegen ein oder zwei Fotos entwickeln lassen musste. Zumindest, wenn man etwa 15 Jahre lang in einem Eisblock bei minus 300 Grad tiefgefroren war, und danach genau zur Einfrier...öhm Einführung des iPhones von Stevekühl Jobs aufgetaut wurde...
#27Report
6 years ago
Die identifikationsstiftende Aneignung von Wirklichkeit bzw. Erlebtem als Grund, alles Mögliche, als besonders eingeschätzte, fotografisch abzuspeichern, ist eine gute Erklärung (Ivanhoe > danke!) für meine Frage, leuchtet mir jedenfalls sehr ein. Dass das dann zum Erlebensprinzip notwendig wird oder erscheint, macht mir aber irgendwie Sorge.
Ich rede hier nicht von den Vorteilen, die Handyfotos oder ihre einfache Herstellung im praktischen Alltag so haben können, sondern von der reflexhaften Nutzung, quasi einem psychologischen Drang oder Bedürfnis, das hinter dem Handyhochreißen steht.
Ich rede hier nicht von den Vorteilen, die Handyfotos oder ihre einfache Herstellung im praktischen Alltag so haben können, sondern von der reflexhaften Nutzung, quasi einem psychologischen Drang oder Bedürfnis, das hinter dem Handyhochreißen steht.
#28Report
#29
6 years ago
Was hier für Pathologisierungen betrieben werden... schon lustig :'D
#30Report
[gone] schallkoerper fotografie
6 years ago
Pathologisierungen ?!
#31Report
6 years ago
@heinz : super, daß die ersten Handykameras deutlich besser waren als die digitalen Kompaktjknipsen!
Bis heute schlägt die Qualität der Smartphone-Kameras alles digitale bis etwa 2000 Euro.
Bis heute schlägt die Qualität der Smartphone-Kameras alles digitale bis etwa 2000 Euro.
#32Report
6 years ago
Naja, Schalli, hier scheinen einige ja der Ansicht zu sein, wer viel mit dem Handy knipst, der überfällt auch alte Omas... :D
#33Report
6 years ago
das heißt 'tote oma' und ist ganz schön eklig.
#35Report
6 years ago
Wer so die Fotografie nutzt, fotografiert, um vergessen zu können. Die Fotografen glauben, da es fotografiert wurde, kann es nach dem Vergessen schnell wiedergefunden werden. Diese Art der Fotografie soll das Vergessen leicht machen. Sie zerschneidet das Band, das wir Erinnerung nennen.
#36Report
6 years ago
alle Omas die ich kenne, wedeln mit ihren Smartphones rum, und fotografieren auch damit.
Da hat keine eine Nikon Z6 im Anschlag.
Da hat keine eine Nikon Z6 im Anschlag.
#37Report
6 years ago
die Erklärung von Hr. Langer finde ich ziemlich einleuchtend. Einfach das durch Handystrahlung geschädigte Kurzzeitgedächtnis durch Fotos ersetzen. Gabs da nichtmal einen Kinofilm, von einem der täglich frühmorgens alles vergessen hatte und nur durch Fotos mit seinem Smartphone die Erinnerung an den vorherigen Tag aufrecht erhalten konnte?
#38Report
6 years ago
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++Mathias Langer: Wer so die Fotografie nutzt, fotografiert, um vergessen zu können.+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
das ist gut zu wissen, wenn mein Chef mich mal mit seinem Smartphone ablichten will, oder meine Freundin unbedingt ein Foto von mir machen will...
das ist gut zu wissen, wenn mein Chef mich mal mit seinem Smartphone ablichten will, oder meine Freundin unbedingt ein Foto von mir machen will...
#40Report
Topic has been closed
Die Welt ist total schön. Und wenn was gut aussieht, mach ich davon ein Foto. Weil ich es jetzt kann und ich finde es schade, dass ich das vor 20 Jahren noch nicht konnte.
Mir ist der Subtext Deiner Frage schon klar. Ich würde das gerne umdrehen:
Es gab wohl kaum einen bedeutsameren *technischen* Fortschritt für das Aufleben der Aufklärung und die Etablierung demokratischer Rechtsstaaten als die Erfindung der Druckmaschine.
Denn dadurch wurde es überhaupt erst möglich, dass Texte und Wissen nicht nur die Veranstaltung einer kleinen Elite blieb, sondern etwas, woran auch die Massen teilhaben konnten. Erst durch die Druckmaschine wurde Wissen - und kritische Debatten über dieses Wissen (weil auf einmal jeder Zugriff auf die Quelltexte haben konnte) - für die Massen möglich. Und die Druckmaschine hat überhaupt erst die Notwendigkeit einer breiten Alphabetisierung allen vor Augen geführt.
Das hat Jahrhunderte, viel Blut und Tote gekostet, bis diese Möglichkeiten der Druckmaschine ihre volle Kraft entfalten konnten. Aber sie hat die Welt verändert und schuff erst die *technische* Grundlage der Neuzeit.
Wer hat gegen die Druckmaschine gekämpft und sah in ihr ein riesiges Übel? Kirche und Adel. Weil die relativ schnell begriffen haben, dass ihnen durch diese technische Neuerung langfristig eine wichtige Quelle ihrer Macht (nämlich den elitären Zugriff auf Wissen) abhanden kommen wird.
Ein bisschen erinnert mich das Gejammere über die Entwicklungen der Fotografie daran - wenngleich das Ganze diesmal auch auf einen sehr viel banalerem Niveau verläuft. Aber die Kritik an der Einführung der Digitalfotografie und jetzt an Handykameras zeigt schon etliche Analogien: oftmals scheint dahinter einfach nur die Angst zu stecken, dass eine Technik, die sich vorher nur in der Hand eines sehr exklusiven Kreises befand und die auch überhaupt erst die Exklusivität dieses Kreises erzeugt hat, nun auf einmal sehr viel mehr Menschen - potentiell allen - zur Verfügung steht. Denn diese allgemeine Verfügbarkeit kann tatsächlich die eigene Exklusivität und damit auch Macht bedrohen. Aber das sehe ich absolut nicht als Nachteil.
Dieser Hinweis auf die Massen an sensationsgeilen Gaffern, die bei jedem Autounfall stehen bleiben und erstmal ausgiebig Fotos und Filmchen erstellen, die Rettungskräfte behindern und das ganze unmittelbar auf FB posten, halte ich für Nebelkerzen. Gaffer und Sensationsgeilheit gab es auch schon früher. Gaffer brauchen kein Handy. Aber jetzt, wo sie es haben, nutzen sie es natürlich auch. Aber das Problem liegt ganz woanders und hat nicht wirklich etwas damit zu tun, dass man jetzt überall und ständig von allem möglichen Fotos und Videos machen kann.