Bokehfrust oder Bokehlust 54

6 years ago
In den letzten Jahren (vielleicht 5 bis 6 Jahre) wird nach meinen Beobachtungen Bokeh sowohl im Fotobereich als auch im Filmbereich massiv überzogen eingesetzt. So überzogen, daß ich Schüttelfrost und Brechreiz bei einer grossen Zahl dieser inflationär benutzten Technik bekomme.
Gut, die Filmleute ersparen sich viel Geld für ihre Hintergrund-Aufbauten und Locations, die man jetzt ja nicht mehr deutlich zu sehen bekommt. Aber muss im Fotobereich wirklich ein butterig verschwommener Hintergrund auf 80 Prozent aller Peoplefotos "gemacht " werden? Für mich ist die Kiste (ich glaube sogar Handyhersteller werben mittlerweile mit Unschärfefunktionen ) mittlerweile überstrapaziert, ein mittlerweile überkommener fotografischer Modetrend. Wie denkt ihr denn darüber?
6 years ago
Bei freizügerigen Bilden hast Du das Thema meist nicht. Aber die kannst Du ja nicht anschauen.
6 years ago
Oh! Jetzt wo ich zwei Fotos hochgeladen habe, wo ich so stolz auf diese spezielle Unschärfe im Hintergrund bin, die das Trioplan liefert, kommst Du daher und verdirbst mir die Freude.

Das mit dem Bokeh oder dem Unschärfebereich ist doch einfach ein physikalisches Gesetz. Je nach Abbildungsmassstab und Entfernungseinstellung ergibt sich vor und hinter der Schärfeebene die Unschärfe. Wie die Unschärfe dann aussieht hängt vom Aufbau des Objektives ab.
[gone] User_561828
6 years ago
Hm, also Bokeh ist für mich eher immer das (schöne) Nebenprodukt wenn ich
meine Modelle isoliert darstellen will.

Mir gehts ja um die Person und nicht um die Umgebung. Allerdings etwas mehr Umgebung
als wie bei einem Studiofoto...

Finde immer, dass bei Knackscharfen Bildern einfach viel zu viel um mein eigentliches Motiv
rum los ist. :)
Bei einem ungleichmäßigen oder unruhigen Hintergrund ist aus meiner Sicht die Trennung von Motiv und Hintergrund durch Unschärfe und (hoffentlich schönes) Bokeh wichtig.
Schärfe von der Linse bis zum Horizont mag ich nicht und entspricht auch nicht der menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit.
6 years ago
@thomas Doering: ich habe mich evtl. ein bisschen verschwommen (bokös?) ausgedrückt: ich meinte genau diese übermässig offenen Blenden, die eben umgekehrt auch nicht der Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen entsprechen und als "Effekt" eingesetzt w4erden, um z.B. den Aufwand zu sparen sich einen besseren Hintergrund zu suchen. Ist man da als Fotograf nicht manchmal zu faul einen Hintergrund zu suchen , weil die 1,2 Blende wird's schon richten. Finde halt, daß der "Effekt" sich abgenudelt hat weil er so oft benutzt wird, und es gibt sogar "Bildbearbeiter" die noch zusätzlich einen Verschmiereffekt auf den Hintergrund rechnen lassen, oder auf unliebsame andere Details.
6 years ago
@Foto300:
Manche sehen es eventuell anders als Du.
Leben und leben lassen. Für jeden Geschmack ist was dabei.

Wenn ich im realen Leben jemandem bei der Unterhaltung
in das rechte Auge schaue, dann erscheint mir alles außerhalb
des Gesichts in grandiosem Bokeh.
Wenn ich mir diese Situation im Nachhinein ins Gedächtnis
rufe, verstärkt sich dieser Effekt nochmals enorm. Nur das,
was mir wichtig erscheint, hat sich mein Gehirn gemerkt.

Wenn ich jemandem mit einem Foto mitteilen möchte,
was MIR wichtig ist, hilft das Bokeh dabei sehr.
6 years ago
Wie und wie stark ein Model freigestellt wird ist auch eine Frage der aktuellen "Gestaltungsmode." Das sehr präzise Spiel mit der Blende ist das eine. Das andere ist der Bokeh über Photoshop und andere Bearbeitungsprogramme. Bei Bildern, wo das Model in einem Kontext zur Umgebung/Hintergrund post sind diese Darstellungsart nicht im Vordergrund. Geht das Bild davon aus, dass das Model das Bildelement ist, dann kann man kaum ohne Bokeh arbeiten. In der vordigitalen Zeit war die Berechnung von Bockeh zudem eine höchste Anforderungsreiche Arbeit.
Ich habe zu solchen Themen immer einen besänftigenden Tipp: Freue dich ob deinen Bildern, mehrheitlich ohne Bokeh - und lass den Kollegen die Freude am Bokeh. Man kann es sowieso - ausser als Lehrer - kaum ändern.
Kommt drauf an ... ich habe jahrelang stark abgeblendet und Blende 8 oder sogar 11 bevorzugt, um Tiefenschärfe von Kopf bis Fuß zu erhalten. Jetzt habe ich mehr Spaß daran, viel Offenblende 1.2 oder 1.4 zu nutzen und eben auch das Bokeh eines 40 Jahre alten Minolta Rokkors oder Canon FD S.S.C. um so zu portraitieren. Könnte aber auch wieder auf die große Tiefenschärfe zurückkommen, je nachdem um welches Motiv es geht. Die Stimmigkeit des Hintergrunds hängt auch davon ab, wie weit das Model davon entfernt ist.
[gone] schallkoerper fotografie
6 years ago
Foto300

ist wie bei vielen Dingen so...schaut man in bestimmte Ecken sieht man etwas ständig...ich benutze selber gerne offene Blenden und das durchaus weil ich es mag wie der Hintergrund dann ausschaut und die Person sich abhebt, das läuft dann aber über die Aufnahme, nicht softwareseitig nachträglich bei mir.
Einen störenden Hintergrund entferne ich damit aber nicht, selbst wenn es verschwommen ist, also die Aussage, es wäre sowas wie Faulheit sehe ich eher in Ausnahmen richtig, erstmal ist es ne Art des Gestaltung, die tatsächlich zum Trend geworden ist und somit wie das in so Fällen ist bei manchen wie Dir zur Übersättigung führt. Ich mags :)
6 years ago
Ich finde das keinen Effekt sondern ganz normale Fototechnik: man will die Aufmerksamkeit auf das Modell lenken, nicht auf den Hintergrund. Also öffnet man die Blende.

24mm oder 100mm entspricht auch nicht den normalen Sehgewohnheiten, und trotzdem ist der Einsatz kein Effekt, sondern stink normale fotografische Gestaltungsmöglichkeit.
Nun ja, es ist eine Art Entwicklung, eine Art Trend.

Die Fotografie ist mittlerweile ein Massending, dadurch wurden lichtstarke Objektive auch populärer.
50mm 1,4 oder 85mm 1,8 ...waren früher höchsten in wirklichen Fotografentaschen, heute hat sie jeder zweite Knipser. Dadurch kommt es auch mehr zum EInsatz. und Blende 1,4 und dann noch die Cyanwerke bis zum kotzen an den Aschlag ist halt gerade sehr hip

Schön zu sehen auf der Photokina, da stehen Menschen auf der Bühne und halten Vorträge, wo man das Gefühl hat, wenn du mal etwas anderes fotografieren sollten schwimmen sie von der Bühne :-)
ABER sie haben dennoch großen Erfolg, sei Ihnen gegönnt
6 years ago
ich glaube, es erinnert mich immer an Macrofotografie, und die Leute vor den verwischten Hintergründen sehen für mich aus wie käfer oder Schmetterlinge.
#14
6 years ago
Das Problem, das ich eher darin sehe, ist: Effekt um des Effektes willen. Aber das trifft auf so ziemlich jeden "Effekt" zu. Ringblitz, farbige Folie vor dem Blitz, etc pp. Macht sich der Fotograf Gedanken, ob es zu dem Bild etwas beiträgt, ob es die Geschichte, die das Bild erzählen will, unterstützt, finde ich es prima.
6 years ago
Etwas off T : dieses Phänomen findest Du ja auch in der Musik , wo manche Effekte oder Sounds bis zum Geht nicht mehr eingesetzt werden und man sie dann irgendwann nicht mehr hören kann ...
6 years ago
@heinz Drstak: danke für das Bildbeispiel. Aber Helmut Newton hätte auch nicht so einen -öhm- "uninspirierten" Hintergrund fotografiert. Hätte er es, wäre er nie ein berühmter Fotograf geworden.
Ich gehe sogar so weit , zu behaupten daß ein Helmut Newton Hintergründe benutzt hat, die er garnicht vom
Objekt trennen wollte, weil sie seine Objekte eher unterstützt haben. Ich behaupte sogar mal, ein Newton hat
mit seinen Hintergründen zwei drittel der Bildwirkung gemacht.

@Tim: ich sage ja nichts gegen Effekte, aber muss ja nicht EWIG der gleiche sein.

vor allem in TV-Produktionen scheinen sich die Kameramänner ja garnicht sattbokehtieren zu können.
6 years ago
@König urgan: genau, aber dort ist die Halbwertszeit viel kürzer und beim Foto sehe ich garkein Ende absehbar.
6 years ago
ich rufe mal das Ende des Bokeheffektes aus, und kann euch anbieten mir euere 1,2er Objektive zur Entsorgung zuzuschicken.
#20

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